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MZ-Interview mit Jens Bühligen Merseburgs OB Jens Bühligen für kostenlose Betreuung nach der Schule

19.12.2017, 06:00
Die Hortidee brachte Jens Bühligen schon auf den Weihnachtsmarkt mit.
Die Hortidee brachte Jens Bühligen schon auf den Weihnachtsmarkt mit. Peter Wölk

Merseburg - Die Adventszeit mit ihren Märkten ist in vollem Gange. Die MZ trifft sich auf diesen mit Verantwortlichen, Engagierten und Politikern. Der Merseburger Oberbürgermeister und CDU-Kreischef Jens Bühligen (CDU) erklärt im Gespräch mit Robert Briest, warum das Land die Horte übernehmen sollte.

Derzeit sind die Kommunen für die Horte, also die Betreuung vor und nach der Schule verantwortlich. Sie wollen das ändern. Wie?

Bühligen: Die Horte sollen vollständig in die Verantwortung der Grundschulen übergehen. Das hätte den Effekt, dass die Betreuung der Kinder in den Grundschulen mit Blick auf eine angestrebte Ganztagsbetreuung wesentlich effektiver erfolgen kann, denn das Betreuungspersonal kann sich viel effizienter untereinander abstimmen und den gesamten Tag über für die Betreuung eingesetzt werden. Momentan haben wir vielfach die Situation, dass die Schulen ihre Betreuung um 11.30 Uhr, 12 Uhr einstellen, weil dann der Unterricht zu Ende ist, der Nachmittagshort aber erst 13 Uhr beginnt.

Das heißt, Sie wollen, dass die aktuelle Trennung zwischen pädagogischen Mitarbeitern und Hortnerinnen wegfällt?

Ja, nicht sofort, aber perspektivisch. Voraussetzung dafür ist, dass das Personal in einer Hand ist. Und dies kann nur die des Landes sein. Das würde auch die Haushalte der Kommunen und Kreise, die die Dienstleistung derzeit erheblich finanzieren, entlasten. Das Land hätte einen Mehraufwand, aber der ließe sich durch einen pauschalen Elternbeitrag abfedern.

Würde dies für die Eltern höhere Kosten bedeuten?

Nein. Das sollte nicht der Fall sein. Gegebenenfalls muss man darüber nachdenken, die gesamte Hortbetreuung landesweit kostenlos anzubieten.

Wie viel könnte denn Merseburg durch die Abgabe der Horte einsparen?

Ich gehe derzeit von einem mittleren sechsstelligen Betrag aus. Das sind vor allem Personalkosten. An den Betriebskosten wird sich kaum was ändern.

In Merseburg sind alle Horte in privater Trägerschaft. Wie sähe hier eine Lösung aus?

Dann gebe es einen Betriebsübergang. Die Mitarbeiterinnen hätten dadurch auf keinen Fall einen Nachteil.

MZ-Interview mit OB Jens Bühlingen: Sollten auch die Kitas ans Land übergehen?

Betreuungskosten sind für die oft klammen Kommunen ein großer Ausgabeposten. Sollte man dann konsequenterweise auch die Kitas als Bildungseinrichtungen ans Land abgeben?

Soweit würde ich nicht gehen. Da kann man vielleicht in zehn Jahren darüber nachdenken. Das wäre eine große Nummer. Die Frage Horte aber ist überschaubar.

Wollen Sie die Änderung schon mit der jetzt anstehenden Novelle des Kinderförderungsgesetzes (Kifög)?

Ja. Auch wenn dies im Koalitionsvertrag nicht drin steht. Da ist nur eine Kifög-Novelle enthalten. Für die Horte müsste aber auch das Schulgesetz geändert werden.

In Merseburg kam in der Spardebatte im Rat der Wunsch auf, die Stadt solle prüfen, ob eine Rücknahme der Kitas in eigene Trägerschaft nicht günstiger wäre.

Das ist ein legitimer Prüfauftrag an die Verwaltung. Wir hatten vor 15 Jahren 80 Prozent der Kitas in kommunaler Trägerschaft. Das ist daher kein Modell, das völlig an den Haaren herbeigezogen ist.

Haben Sie eine Präferenz?

Nein, überhaupt nicht. Auch wenn ich an der Einrichtung der freien Trägerschaft maßgeblich mit beteiligt war.

Sollte sich ein Eigenbetrieb der Kitas als günstiger erweisen, würden Sie dem Rat einen entsprechenden Vorschlag machen?

So schnell geht es nicht. Dann muss man erst in die Diskussion kommen, auch mit den Trägern. Das ließe sich nicht in den nächsten beiden Jahren machen.

Jüngst bestätigte das Bundesverfassungsgericht die Regelung, dass die Kommunen zwar für Kitas zahlen, der Kreis aber die Verträge aushandelt. Was halten Sie davon?

Ich kann beide Auffassungen teilen. Man muss auch die Vorteile der jetzigen Regelung sehen. Wir erreichen damit einheitliche Qualitätsstandards in der Kinderbetreuung. Denn der Landkreis als übergeordnete kommunale Einrichtung kann hier eine Weiterbildung konzentrieren und die Bildungsinhalte ständig evaluieren. Derzeit wird die Frage der Weiterbildung auch in Merseburg sehr unterschiedlich gehandhabt.

Kitagebühren sind eine wichtige Einnahmequelle für die Stadt. Sollen die noch mal angefasst werden?

Das steht nicht zur Diskussion. Wenn der Rat sich darauf verständigt, dann ist das so. Aber wir als Verwaltung werden das nicht vorschlagen. Mein Vorschlag sind die Horte. (mz)