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Merseburger Schlossfest Merseburger Schlossfest: Luther trifft Barbarossa

Von Nico Grünke 12.06.2017, 10:30
Laiendarsteller führen beim Festumzug eine Szene aus dem Dreißigjährigen Krieg vor.
Laiendarsteller führen beim Festumzug eine Szene aus dem Dreißigjährigen Krieg vor. Peter Wölk

Merseburg - Als die bunte Meute mitten im Zentrum Merseburgs vom Entenplan in die Burgstraße bog, gab es Sonderapplaus: Kerstin Knoblauch durfte sich darüber freuen. Und sie erhielt ihn zurecht. Denn ohne die Königliche Hofschneiderei der Domstadt - deren Leiterin Knoblauch ist - wäre der Höhepunkt des traditionellen Merseburger Schlossfestes sicherlich nicht in seiner besonderen Form zu erleben:

Einen unterhaltsamen Streifzug durch die Geschichte bot der facettenreiche Festumzug, der sich am Sonntagvormittag seinen Weg durch die Innenstadt bahnte und zahlreiche große sowie auch kleine Schaulustige anlockte.

Reformator mit Skandal

Bilder und Episoden aus mehreren Jahrhunderten der Stadthistorie wurden gezeigt. Kaiser Barbarossa oder auch Herzog Christian I. waren beispielsweise zu sehen. Verschiedene Vereine wie etwa das Jugendblasorchester oder auch Mitglieder des Reitvereins St. Hubertus wirkten unter anderem mit.

Und die meisten Laiendarsteller waren eben in historische Gewänder gehüllt, die aus der Hofschneiderei stammten. Einer Figur wurde nicht nur beim aktuellen Festumzug besondere Bedeutung beigemessen, sondern im Rahmen des 48. Merseburger Schlossfestes schon einen Tag zuvor.

Domherr mit dessen Haushälterin vermählt

Im Lutherjahr spielte der große Reformator, der ja zumeist eher mit Wittenberg oder auch Eisleben in Verbindung gebracht wird, bereits bei der Stadtwette eine Rolle. Denn auch in der Domstadt hatte Luther einst seine Spuren hinterlassen. Er war dabei auf unbequeme Weise mit der geistlichen Obrigkeit angeeckt.

Dass er damals einen der Domherren mit dessen Haushälterin vermählt hatte, war zu jener Zeit ein Skandal, weil die katholischen Domherren eigentlich dem Zölibat unterlagen. Bei der Stadtwette waren die berühmten Thesen Luthers ideengebend. Er hatte sie bekanntlich vor 500 Jahren an die Tür der Wittenberger Schlosskirche genagelt und damit die katholische Kirche kritisiert.

Meuschauer gewinnen

Bei der Stadtwette wurden im Schlossgarten ebenfalls Schriftstücke an Türen genagelt. Hierbei waren jedoch kreative Vierzeiler gefragt. Besucher sollten die sich einfallen lassen und aufschreiben - wobei dann die Wahl bestand, sie entweder an die Tür des Meuschauer Kindergartens oder die der Beunaer Kita „Rappelschloss“ zu bringen. Die Kita mit den meisten Reimen durfte sich über ein vom Sanitätshaus Graf gesponsertes Spielgerät freuen.

Mit 315 Vierzeilern setzten sich letztlich die Meuschauer durch. Aber auch die Kinder aus Beuna müssen nicht traurig sein, Preise bekommt bei der Stadtwette schließlich auch der Zweitplatzierte. Als die Knirpse aus Meuschau ob ihres Gewinns auf der großen Bühne im Schlosshof jubelten, sorgte an anderer Stelle ein besonderes Duo für Unterhaltung: „Ich komme aus Jena und meine Freundin aus München“, erzählte Vera Podlinski, die mit Freundin Laura Geipel das Gesangsduo „Die Schandmaiden“ bildet. Das Besondere seien aber nicht die Melodien ihrer Lieder, sondern vielmehr die Texte. „Wir beleuchten da mit einem Augenzwinkern das, was Männer im Allgemeinen über Frauen denken und umgekehrt“, verriet Vera Podlinski, die im richtigen Leben Psychologie studiert. „In Merseburg waren wir zum ersten Mal. Das ist eine sehr schöne Stadt.“

Markt hinter dem Schloss

Schön fand es in Merseburg auch ein polnischer Imker. Er haderte er aber etwas mit seinem Stand. Auf einer kleinen Grünfläche hinter dem Schloss war der aufgebaut. Auf dem Domplatz hätte es vielleicht mehr Kundschaft gegeben, vermutete er. Der historische Markt war vom Domplatz verlagert worden und erstreckte sich um das Schloss herum.

„Der Wechsel hat aber keinen Nachteil gebracht. Wer das wirklich vergleichen kann, erkennt das auch“, sagte Frank Paetzold, der den Markt mitorganisiert hatte. Das hätten sowohl Händler als auch Besucher überwiegend so eingeschätzt, sagte Paetzold, der den Markt sowie auch das gesamte Fest als Erfolg einordnete. (mz)