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Merseburg Merseburg: Wenn nicht jetzt, wann dann?

Von FRAUKE HOLZ 03.11.2011, 16:06

MERSEBURG/MZ. - "Es wäre schön, wieder als Biologin arbeiten zu können, aber ich bin realistisch. Das ist sicher nicht möglich", sagt Christine Fieseler. Die Diplom-Biologin ist 60 Jahre alt und seit Dezember 2010 arbeitslos. Sie fällt somit in die Kategorie der "lebenserfahrenen Frauen", die am Donnerstag beim vierten Frauen-Aktionstag im Mittelpunkt standen.

"Wenn nicht jetzt, wann dann?" lautete das Motto des landesweiten Informationstages. "Angesprochen waren arbeitslose Frauen jenseits der 50", sagt Ines Stöbe, Pressesprecherin der Agentur für Arbeit Merseburg. 60 Frauen hatte die Agentur explizit eingeladen. "Wir haben unsere Kartei gesichtet und diejenigen angeschrieben, für die dieses Angebot besonders interessant sein könnte. Natürlich waren auch alle anderen herzlich eingeladen", so Ines Stöbe.

Christine Fieseler war gekommen, um sich an den Ständen zu informieren und die Vorträge anzuhören. Thematisiert wurden Beschäftigungsmöglichkeiten für ältere Menschen und eigene Schwächen sowie Stärken zu erkennen und richtig einzusetzen. Zudem wurde die Personalauswahl aus Sicht eines Arbeitgebers erläutert. "Viel Neues habe ich nicht gehört", sagt Christine Fieseler. Vielmehr habe sie festgestellt, "dass ich bislang eigentlich alles richtig gemacht habe". Sie ist hochmotiviert, würde sogar ihren Wohnort aufgeben. "Ich will arbeiten. Mir ist das sonst alles zu langweilig", sagt sie.

Mit dieser Einstellung steht sie keineswegs alleine da, dennoch hat sie schlechtere Chancen auf dem Arbeitsmarkt, nicht nur aufgrund ihres Alters. Die Arbeitsangebote hätten sich in den letzten Jahren gewandelt, berichtet Sylva Nitschke vom Arbeitgeberservice. So gebe es derzeit kaum noch Vollzeit-Angebote, sondern überwiegend Teilzeit-Stellen und 400-Euro-Jobs. "Es ist nicht so, dass sie nicht wollen, denn viele Frauen wollen sogar Vollzeit arbeiten gehen, aber nicht immer passt der Deckel auf den Topf", sagt Sylva Nitschke. Es sei ein Erziehungsprozess, Arbeitgeber für ältere Menschen, vor allem Frauen über 50, zu sensibilisieren.

Dies hat auch Christine Fieseler schon zu spüren gekommen. "Ich finde es negativ, dass man meist gar nicht erst zum Vorstellungsgespräch eingeladen wird", so die 60-Jährige. Ihre Zeit als Biologin liegt schon eine Weile zurück, bis Dezember 2010 hat sie Kunden der Arge betreut und ihnen beim Einstieg in die Selbstständigkeit geholfen. "Ich kann gut organisieren und beraten. Ich finde es interessant, Problemlösungen zu entwickeln", sagt sie und könnte sich durchaus eine Stelle im Management vorstellen. "Nicht alle sind so motiviert wie Frau Fieseler", weiß Sylva Nitschke, "aber wenn das Potential vorhanden ist, muss man es nutzen." Und für Christine Fieseler sieht sie durchaus Chancen.