Merseburg Merseburg: Heimat kennt keine Grenzen
Merseburg/MZ. - Der Geruch der Kindheit bleibt im Gedächtnis haften. Auch bei Andrea Kathrin Loewig. Die in Merseburg geborene Schauspielerin saß Dienstagabend im Ständehaus auf dem Talk-Sofa der Reihe "Was ist Heimat?". Auf die Frage von Moderatorin Dagmar Perschke, welchen Geruch sie mit ihrer Kindheit in Merseburg verbinde, zögerte sie keine Sekunde mit der Antwort: "Den Geruch von faulen Eiern." Das sei gar keine negative Erinnerung. "Aber jeder, der damals hier gelebt hat, weiß, was ich meine", sagte Loewig unter beifälligem Nicken vieler Zuschauer.
Mehr als hundert Merseburger waren gespannt, was die 46-Jährige, die als Dr. Globisch in der TV-Arztserie "In aller Freundschaft" bekannt ist, über ihr Leben erzählt, was für sie Heimat ist und welche Rolle Merseburg für sie noch spielt. "Ich bin regelmäßig in Merseburg, nicht nur, weil meine Mutter hier lebt", erzählte der TV-Star. Sie liebe das Schloss- und Dom-Ensemble, sei erst vor kurzem an einem Wochenende mit Tochter und Freund hier herumspaziert. "Das war wie in einem verwunschenen Schloss - auch weil wir leider fast die einzigen waren." Auch die Gotthardstraße sei früher belebter gewesen, trotzdem gebe sie ihr Geld dort aus. Doch Merseburg müsse mehr von sich reden machen. Selbst ihre Kollegen Thomas Rühmann und Dieter Bellmann hätten gestaunt: "Kommst ja aus einem schmucken Eckchen."
Ohne dieses schmucke Eckchen gäbe es die Schauspielerin Loewig wohl nicht. "Denn meine Schmiede war der Kindergarten ,Bummi' in Merseburg-West." Dort habe sie sich ausgetobt, gesungen und getanzt. "Und mit vier Jahren verkündet: Ich werde Sängerin, Tänzerin und Schauspielerin."
Amüsant plauderte Loewig über ihre Tränen, als mit sieben Jahren Knötchen auf den Stimmbändern auftauchten, über Tanzstunden im Buna-Klubhaus, herausgesprungene Kniescheiben und das vernichtende Arzt-Urteil bei der Ballettschul-Bewerbung: "Nein, ihre Knochen knacken schon" - mit 14 Jahren! So landete sie doch noch an der Schauspielschule in Berlin. Zwei Atteste brauchte sie dafür wegen ihrer Stimmbänder. Inzwischen ist die leicht heisere Stimme ihr Markenzeichen. Doch sie braucht Disziplin: "Auf eine Party mit Rauch und Lärm zu gehen, wenn ich am nächsten Tag einen Auftritt habe - das ist nicht drin."
Um so mehr liebt Loewig ihre berufliche Dreieinigkeit aus Fernsehen, Theater und Synchronsprechen. Auch wenn sie weiß, dass sie ihre Popularität der Rolle der Oberärztin Globisch verdankt. In den ersten Jahren wurde sie so auch auf der Straße angesprochen. "Inzwischen kennen viele meinen richtigen Namen." Das hilft auch bei ihren Theaterproduktionen.
Seit längerem pendelt sie zwischen Berlin und Leipzig. "Können Sie sich vorstellen, zurück nach Merseburg zu kommen?", fragte Perschke provokant. "Zum Beispiel wenn hier jemand ein Theater aufmachen würde." Nun ja ... ihr Plan B für die Zeit nach der "Sachsenklinik" konzentriere sich zwar auf Berlin. "Aber wenn wirklich jemand in Merseburg ein Theater aufmacht, könnte ich ja als Plan C Theaterdirektorin werden", umschiffte Loewig charmant diese Klippe. Wahrscheinlicher aber ist wohl, dass sie mit ihrem neuen Stück "Lola" hier gastiert. Und falls sie demnächst doch heiratet, hat Merseburg ebenfalls Chancen: "Das Ständehaus, in dem schon meine Eltern geheiratet haben, wäre eine gute Option dafür."
Heimat aber ist für sie die ganze Region, die reiche bis nach Leipzig. "Das endet ja nicht an der Landesgrenze." Und was ist das Typische dieser Heimat? "Die Freundlichkeit der Leute und das etwas gemächlichere Tempo."