Lehrermangel im Saalekreis Lehrermangel im Saalekreis: Maulkorb für die Schulleiter?

Merseburg - Der Vorsitzende des Kreiselternrates des Saalekreises, Andreas Siegert, schlägt Alarm. Aus seiner Sicht ist der Unterricht an Schulen des Kreises massiv gefährdet. „Nach unseren Informationen gibt es an einzelnen Schulen des Landkreises eine Unterrichtsversorgung von lediglich 75 Prozent“, erklärt Siegert. Von erheblichem Unterrichtsausfall betroffen seien z.B. die Grundschulen in Wettin, Sennewitz, Langeneichstädt und Niemberg.
„Ebenso gravierend wie den permanenten Unterrichtsausfall sehen wir Anweisungen des Landesverwaltungsamtes, die Weitergabe von Informationen an die Öffentlichkeit zu unterbinden.“ Bereits im September hatte die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft die Personalräte der Schulen über die Schulleiter angeschrieben und um Auskunft über die Unterrichtsversorgung gebeten.
Laut GEW-Veröffentlichung hätte das Landesschulamt die Weiterleitung der Anfrage jedoch untersagt. Eine ähnliche Vorgehensweise gibt es nach MZ-Informationen auch jetzt. Die Schulleiter wurden offenbar durch das Landesschulamt angewiesen, keine Auskunft zur Unterrichtssituation zu geben.
Dass das gefruchtet hat, zeigte unter anderem ein Anruf der MZ am Freitagvormittag in einer Grundschule im südlichen Saalekreis. Auf die Frage, ob die Schule vom derzeitigen Lehrermangel betroffen sei, hielt sich die Schulleiterin extrem bedeckt, verwies auf die nächste Unterrichtsstunde und die anstehenden Ferien, so dass ein Gespräch nicht möglich sei.
Zu Auskünften über die Unterrichtsversorgung gebe es laut Landesschulamt in Halle eine klare Regelung: „Schulleiter oder Schulleiterinnen erteilen ihren Schulelternräten Auskünfte über die Unterrichtsversorgung. Kreiselternräte erhalten Auskünfte zum Stand der Unterrichtsversorgung des Landkreises durch das Landesschulamt. Darüber wurden unsere Schulleiter in Kenntnis gesetzt“, erklärte Sprecherin Silke Stadör auf Anfrage der MZ.
„Aber das ist nicht die Praxis“, kontert Andreas Siegert vom Kreiselternrat. „Auch die Schulelternräte erhalten keine Auskunft. Unter der Hand wurde einigen gesagt, dass man nichts sagen dürfe.“ So erhalte man nur Puzzleteile. Nur durch persönliche Informationen wisse er zum Beispiel, dass der Unterricht für Kinder in der Grundschule Wettin am Freitag erst zur vierten Stunde begann. Oder dass es in einer Schule seit Schuljahresbeginn keinen Englischunterricht gebe. Auch MZ hatte eine Anfrage zur aktuellen Unterrichtsversorgung gestellt. Diese soll nach den Ferien beantwortet werden.
Nach Aussage von Siegert gehen in den nächsten zehn Jahren 50 Prozent der Lehrer in den Ruhestand. „Selbst wenn alle Abiturienten Lehramt studieren würden, würde dies nicht ausreichen, um die dadurch entstehenden Ausfälle zu kompensieren.“ Eine kurze Umfrage an Schulen im Saalekreis ergab, dass es nur einen geringen Puffer gebe, falls Lehrer ausfallen. Werden mehrere gleichzeitig krank, gebe es arge Probleme. (mz)