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Krimi-Fall an Hochschule Merseburg Krimi-Fall an Hochschule Merseburg: Forscher lockt Drucker-Dieb über Ebay in die Falle

Von Michael Bertram 18.03.2017, 19:59
Solche Gegenstände kann der 3-D-Drucker produzieren.
Solche Gegenstände kann der 3-D-Drucker produzieren. Peter Wölk

Merseburg - Sherlock Holmes arbeitet seit neuestem an der Hochschule Merseburg. Diesen Spitznamen hat Wissenschaftler Dietmar Glatz zumindest von einem Kollegen erhalten, nachdem der Experte für 3-D-Druckverfahren wie der Romanheld mit detektivischem Gespür auf eigene Faust mutmaßlichen Dieben das Handwerk legen konnte.

Seinen Anfang nahm der Krimi bereits im Februar, als Glatz für seine Werkräume einen neuen Spezialdrucker erhalten hat. Das hochwertige Gerät, dessen Anschaffungspreis bei knapp 20.000 Euro liegt, kann aus verschiedenen Materialien dreidimensionale Objekte herstellen, die zum Beispiel im Maschinenbau eingesetzt werden können. „Ich war jedoch verhindert und nicht auf dem Campus“, erzählt Glatz. „Also habe ich dem Hausmeister der Hochschule gesagt, dass er die Kiste einfach im Keller wegschließen soll.“

Hochschule Merseburg: Wegen Umräumarbeiten und Urlaubstagen vergehen gut drei Wochen

Wegen Umräumarbeiten und Urlaubstagen vergehen jedoch gut drei Wochen, bis der neue 3-D-Drucker in die Werkstatt geholt werden kann. „Der Hausmeister kam in der vergangenen Woche aber mit leeren Händen und fragte nur, ob ich starke Nerven habe“, erinnert sich Glatz.

Der Wissenschaftler kann es kaum glauben, durchsucht jeden Raum des Kellergeschosses - doch der Drucker bleibt verschwunden. Ein Anruf beim Hersteller am Donnerstag vergangener Woche bringt Dietmar Glatz dann auf die richtige Spur. Die Firma hatte nämlich kurz zuvor eines ihrer neuesten Geräte bei Ebay entdeckt und wurde stutzig. „Als ich anrief, wies man mich direkt darauf hin“, erzählt er.

Krimi an Hochschule Merseburg: „Ich gab mich bei Ebay als Modellbauer aus, der Teile für seine Flugzeuge drucken will“

Glatz setzt sich an seinen Computer und macht große Augen: Tatsächlich hat ein Anbieter das Merseburger Gerät eingestellt. Zu sehen sind mehrere Fotos. Der Drucker steht darauf noch auf der Transportpalette. 18.000 Euro will der Anbieter für den Drucker haben. Der Wissenschaftler setzt sich mit ihm in Verbindung.

„Ich gab mich als Modellbauer aus, der Teile für seine Flugzeuge drucken will“, erzählt er. Einzige Bedingung: Der Kaufpreis muss deutlich unter 10.000 Euro liegen. „Als ich die Nachricht abgeschickt hatte, ging der Puls hoch und ich bekam feuchte Hände“, erinnert sich der Hochschulmitarbeiter.

Wissenschaftler überlistet Ebay-Verkäufer: Am Ende machten wir 8.000 Euro als Kaufpreis aus

Der Anbieter beißt an, schreibt zurück. Dem Wissenschaftler berichtet er, dass ein Kumpel sich mit dem 3-D-Druck selbstständig gemacht hat, aber insolvent gegangen ist. „Am Ende machten wir 8.000 Euro als Kaufpreis aus.“ Noch am selben Abend will der Anbieter, der in der Nähe vom brandenburgischen Bad Belzig sitzt, das Geschäft abwickeln.

„Ich gab vor, das mit meiner Frau absprechen zu wollen“, erzählt Glatz. Stattdessen ruft er im Merseburger Polizeirevier an, erzählt von dem eingefädeltem Treffen. Im Revier ist man perplex, rät dazu, den Kauf am nächsten Tag abzuwickeln, damit sich die Polizei darauf vorbereiten kann. Gleichzeitig übernimmt die Polizei in Brandenburg die Federführung in dem Fall.

Wissenschaftler überlistet Ebay-Verkäufer: Mit Staatsanwalt vor der Tür des Diebes

Am Freitag rollt Glatz beim dortigen Revier vor, wird bereits von Zivilbeamten empfangen. Mit einem Polizisten, den er als Modellbau-Kumpel ausgibt, fährt er zu einer Adresse in Görzke. In der Diele des Hauses steht tatsächlich der Drucker.

„An einer Stelle war er kaputt, die Seriennummer war herausgehebelt worden“, sagt Glatz. Als man sich über den Kauf einig ist, zückt der Beamte seinen Ausweis und ein Schreiben der Staatsanwaltschaft, die den Drucker beschlagnahmt. „Leider konnte bei dem Treffen eine Person verschwinden“, bedauert der Merseburger Forscher.

3-D-Drucker aus Hochschule Merseburg wandert vorerst in die Asservatenkammer der Polizei

Laut ihm zeigen die vermeintlichen Täter keine Gegenwehr, geben das Gerät heraus. Dann wandert es vorerst in die Asservatenkammer der Polizei in Bad Belzig. „An diesem Montag bekam ich den Anruf, dass ich den Drucker abholen kann“, erzählt Glatz. Stolz bringt er das zurückeroberte Gerät nach Merseburg.

„Auf der Autobahn stand ich aber solange im Stau, dass ich erst 19.30 Uhr auf dem Campus eintraf“, erzählt er. Da blieb ihm nichts anderes übrig, als das Gerät in einem Raum abzustellen, zu dem mindestens 20 Personen einen Schlüssel haben. „Sie können sich vorstellen, dass ich am nächsten Morgen heilfroh war, dass die Kiste immer noch an ihrem Ort stand.“ (mz)

Dietmar Glatz von der Hochschule Merseburg hat mutmaßliche Diebe in die Falle gelockt, die einen vom Campus gestohlenen Drucker bei Ebay anboten.
Dietmar Glatz von der Hochschule Merseburg hat mutmaßliche Diebe in die Falle gelockt, die einen vom Campus gestohlenen Drucker bei Ebay anboten.
Peter Wölk