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Königliche Hofschneiderei Merseburg Königliche Hofschneiderei Merseburg: Die Herrin der Kostüme

Von Lisa Volkmann 07.05.2017, 10:00
Kerstin Knoblauch arbeitet seit 2013 in der Hofschneiderei.
Kerstin Knoblauch arbeitet seit 2013 in der Hofschneiderei. Peter Wölk

Merseburg - „Luther machen dieses Jahr doch alle“, sagt Kerstin Knoblauch und lacht. Die 59-Jährige ist beim Merseburger Schlossfest für die Kostüme des traditionellen Festumzugs zuständig. Dabei heißt das Motto im Reformationsjahr: „Auch Luther war hier“. Das war er tatsächlich – ganze drei Tage, wie es überliefert ist. Kein Wunder, dass die Leiterin der Königlichen Hofschneiderei sich lieber mit anderen Themen befasst hätte.

Merseburg hat nämlich noch weitere spannende Geschichten aus dem Mittelalter zu bieten. Zum Beispiel eine entlaufene Nonne, die sich letztendlich gegen die Kirche entschied, um hier ihre große Liebe zu heiraten. Nun wird Kerstin Knoblauchs Lieblingsszene eben nur ein Teilbild im Festumzug.

2.500 Kostüme lagern in den Räumen der Königlichen Hofschneiderei Merseburg

An die 2.500 Kostüme lagern in den Räumen der Königlichen Hofschneiderei. Vollblut-Merseburgerin Kerstin Knoblauch verwaltet sie alle, kennt jedes Einzelne und mindestens zwei Geschichten zu jedem. „Als ich 2013 hier Leiterin wurde, habe ich erst mal einige Sachen geändert“, berichtet die 59-Jährige. Sie sei sofort voll eingespannt gewesen. Die historischen Gewänder sind von ihr und ihren vier Helferinnen selbst gefertigt, repariert, gewaschen, gebügelt, gehegt und gepflegt.

Auch bei der Koordination des Schlossfestes als Highlight des Jahres packt Knoblauch tatkräftig an. „Ich habe dieses Jahr den Vorschlag angebracht, dass die Sprecher beim Umzug von den Merseburger Stadtführern unterstützt werden“, sagt sie. Die hätten schließlich die meiste Ahnung von der Geschichte der Stadt und machten den Umzug so viel lebendiger.

Terminkalender der Hofschneiderei Merseburg ist voll

Historische Kostüme seien schon seit langem ihre Leidenschaft. Das Schneidern habe sich die Merseburgerin selbst angeeignet. „Es war hilfreich, dass ich sieben Geschwister habe – meine Mutter war oft am Nähen“, berichtet sie. Privat komme sie inzwischen nicht mehr zum Nähen. „Keine Zeit! Wenn man hier den ganzen Tag an der Nähmaschine sitzt, möchte man abends auch mal abschalten.“ Der Terminkalender der Hofschneiderei sei voll. Dennoch gebe es große Pläne. „Zuhause und auf dem Boden liegen noch so viel mehr Kostüme.“ In Zukunft soll ein Faschingskostümverleih entstehen.

Die 59-Jährige liebt ihre Arbeit. Ihr Herz schlägt aber auch fürs Reisen. Die gelernte Reiseverkehrskauffrau hatte sogar eine Zeit lang ihr eigenes Reisebüro. Jetzt ist sie mit Leib und Seele Herrin der Kostüme und Gewänder und vergisst darüber auch schon mal die Zeit: Einmal sei sie im Ständehaus eingeschlossen worden, weil so spät niemand mehr mit ihrer Anwesenheit rechnete. Sie hatte sich mit einem ihrer Lieblingskunden im Keller der Hofschneiderei verquatscht. Sie habe die Tür öffnen wollen und löste damit den Alarm aus.

„Dann haben wir eben im Hausflur weiter erzählt und auf unsere Befreiung gewartet, der Kunde in seinem Mittelalter-Aufzug und ich“, sagt sie und lacht. Im Herbst wird Kerstin Knoblauch 60. Und denkt sie schon an die Rente? „Schon, aber ein bisschen bin ich ja noch hier“, schmunzelt sie. (mz)