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Kirchenglocken Kirchenglocken: Das Läuten hat Tradition

Von Elke Jäger 24.09.2003, 13:09

Merseburg/MZ. - Im Merseburger Dom zum Beispiel wird dreimal täglich geläutet: Jeweils drei Minuten vor acht, zwölf und 18 Uhr, bis zur vollen Stunde. "Das sind die alten Gebetszeiten", verweist der evangelische Pfarrer Michael Lehmann auf die Traditionen. Beim Tagesläuten ertönt nur eine Glocke, das mehrstimmige Festgeläut ist kirchlichen Feiertagen und Höhepunkten vorbehalten. Allerdings fehlt der dunkle Ton der Clinsa. Nur wenige Monate nach der Restaurierung des Geläuts im Jahr 2001 musste die rund zwei Tonnen schwere Glocke aus dem Jahr 1180 wieder abgeschaltet werden. "Sie war an einer anderen Stelle erneut gesprungen", bedauert Lehmann. An Festtagen erklingen nun nur noch sieben Glocken.

Die Merseburger Stadtkirche St. Maximi hat nur eine, dafür ist sie aller 60 Minuten zu hören. Auch nachts. Durch die Kopplung mit dem Uhrwerk kann jeder erfahren, was die Stunde geschlagen hat. Eigentlich sollte das Schlagwerk - wie an der Neumarktkirche praktiziert - in der Nacht abgestellt werden, aber das ließ sich hier technisch nicht bewerkstelligen, so Lehmann. Geläutet wird natürlich auch, immer dann, wenn Veranstaltungen einschließlich Andachten und Gottesdienste stattfinden.

So ist es auch in der katholischen St. Norbert-Kirche in der Bahnhofstraße. Zudem rufen die Glocken dreimal täglich - früh, mittags und abends - zum Stundengebet, sonnabends und sonntags allerdings am Morgen eine Stunde später als werktags. Sonnabend 17 Uhr wird der Sonntag eingeläutet, erklärt Organist Matthias Thaut. Im Gedenken an die Todesstunde Jesu und an alle Menschen, die unter Krieg, Not, Verfolgung und Gewalt leiden, ertönt jeden Freitag 15 Uhr die größte der vier Glocken: Ihr Läuten erinnert an das Friedensgebet.

In früheren Zeiten, als Uhren noch eine Kostbarkeit waren und es weder Radios noch Telefon gab, gaben die Kirchenglocken den Tagesrhythmus vor. "Das Läuten hat eine lange Tradition", erzählt Annette-Christine Lenk, Superintendentin des evangelischen Kirchenkreises. Früh (meist um sieben), mittags (12 Uhr) und abends (18 Uhr) ertönten die Glocken. Das sei heute seltener. Allgemeine Festlegungen gebe es nicht, Details legen die jeweiligen Gemeindekirchenräte fest. Üblich ist das Läuten zu Hochzeiten und zu Beerdigungen, zur Mahnung oder zum Gedenken bei besonderen Anlässen.

In Dörfern hat sich oft noch die Tradition erhalten, auf diese Art den Tod eines Gemeindegliedes mitzuteilen. Und wenn die Glocken zu ganz ungewöhnlicher Zeit läuten, kann dies auch heißen: Es ist etwas passiert. Früher gab es für verschiedene Anlässe unterschiedliche Glocken; bei Feueralarm klang es anders als bei Todesfällen.