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Kampf gegen die Corona-Pandemie Kampf gegen die Corona-Pandemie: So arbeitet das Impfzentrum in Merseburg

Von Robert Briest 11.01.2021, 11:16
Eine Messebaufirma hat das Impfzentrum errichtet. Am Samstag erfolgte der Testlauf.
Eine Messebaufirma hat das Impfzentrum errichtet. Am Samstag erfolgte der Testlauf. Robert Briest

Merseburg - Das Impfzentrum in der Merseburger Rischmühlenhalle ist einsatzbereit. Eine Leipziger Firma hat über dem Parkett einen Messeboden eingezogen, Impfkabinen geschaffen, Bereiche für An- und Abmeldung, Personal und wartende Patienten abgetrennt. Die Aufbauten seien zunächst für ein halbes Jahr gebucht, könnten aber verlängert werden, erklärt Sabine Faulstich, Leiterin des Umweltamtes, das sich um das Impfzentrum kümmert.

120.000 Euro gibt der Kreis dafür aus. Von hier aus sind zuletzt bereits die mobilen Impfteams aufgebrochen. In einem Raum im Obergeschoss steht neben Tischen und Fitnessgeräten der Tiefkühlschrank, in dem der Impfstoff von Biontech/Pfizer bei minus 75 Grad gelagert wird.

Ein Teil der kaum Daumenkuppen großen Ampullen steht am Samstagmorgen schon unten in der Halle in Kühlschränken zum Einsatz bereit. Auch die Impfteams sind vor Ort. Ein scharfer Testlauf mit Impfungen für Mitarbeiter von Rettungs- und Pflegediensten, bevor das Zentrum am Montag offiziell seinen Betrieb aufnimmt. Die MZ klärt zum Start die wichtigen Fragen:

1. Wie läuft die Impfung im Zentrum ab?

Das Team um die Koordinatorin Martina Itzigehl hat in der Rischmühlenhalle ein Einbahnstraßensystem eingerichtet. Der Zugang erfolgt über einen Seiteneingang an der Westseite. Hier sitzt Sicherheitspersonal, misst Fieber, kontrolliert, ob der Ankommende einen Termin hat. Eine Impfung ohne Termin sei nicht möglich.

In der Halle erfolgt die eigentliche Anmeldung. Eine Schleuse, durch die jeder muss, der weiter in die Halle will. Eine Plexiglasscheibe trennt Zentrumsmitarbeiter und Impfpatient. Hier wird die Gesundheitskarte gescannt, Aufklärungs- und Anamnesebogen ausgegeben. Den füllen die Impfwilligen im Wartebereich aus. Auf einem Fernseher läuft dort in Endlosschleife ein Aufklärungsvideo des Gesundheitsministeriums.

Dann werden die Patienten im Sechs-Minuten-Takt einzeln in die blickdichten Impfkabinen gerufen. Ein quadratischer Raum mit Liege, Stuhl, Schreibtisch und Computer. Hier warten in der Regel freiwillige Ärztinnen und Ärzte der Kassenärztlichen Vereinigung und ihre Assistenten. Die ziehen den Impfstoff aus den Fläschen auf besonders feine Spritzen.

Ein kurzer Piks, dann ist der eigentliche Impfvorgang schon vorbei. Die Patientendaten werden auch mit Blick auf die Wiederholungsimpfung in drei Wochen erfasst, ein Aufkleber ins Impfheft geklebt. Im zweiten Wartebereich müssen die Frischgeimpften dann noch eine Viertelstunde warten, bis sie an der Abmeldung vorbei die Halle wieder verlassen dürfen.

2. Wer wird geimpft?

Wie bereits die mobilen Teams versorgt nun auch das Impfzentrum vorerst nur Menschen mit höchster Impfpriorität. Dazu zählen etwa Bewohner und Mitarbeiter von Pflegeheimen, medizinisches Personal, das einem besonderen Ansteckungsrisiko ausgesetzt ist, also etwa Mitarbeiter von Zahnarztpraxen, Rettungs- und ambulanten Pflegediensten und über 80-Jährige. Unter anderem 70- bis 80-Jährige, Demente, Menschen mit Trisomie 21, die vom Bund mit „hoher Priorität“ eingestuft wurden, folgen in Phase zwei. Wann die beginnt, hängt von der Verfügbarkeit des Impfstoffes ab, erklärt Faulstich. Sie hofft auf Februar. Der Kreis werde den Start rechtzeitig mitteilen.

3. Wie kriege ich einen Termin?

Derzeit nur, wenn sie zur Gruppe mit „höchster Priorität“ zählen. Dann gibt es zwei Wege. Entweder über die Hotline 116 117 oder über die Website www.impfterminservice.de. Für letzteres wird Internet und ein Handy benötigt, da auf dieses ein Verifikationscode gesendet wird. Zuletzt hatte es Kritik gegeben, dass dies für die betagte Zielgruppe teils zu kompliziert, bei der Hotline dafür teils kein Durchkommen sei. „Es ist tatsächlich eine große Hürde“, räumt Zentrumskoordinatorin Itzigehl ein.

Schnelle Abhilfe sieht sie nicht. „Das Land hat extra eine Hotline eingerichtet, dann muss es die personell aufrüsten.“ Eine eigene Kreishotline parallel zu schalten, hält sie für schwierig. Bei der Vergabe des ersten Termins wird der zweite drei Wochen später gleich mitverteilt. Bis Ende Januar sind die Termine schon voll. Bei der Wahl des Impfzentrums sind die Impfberechtigten derzeit theoretisch nicht auf ihren Kreis festgelegt.

Es habe auch schon Anmeldungen aus Halle für Merseburg und aus dem Nordkreis für das Zentrum in Halle gegeben, berichtet Landrat Hartmut Handschak (parteilos) und betont, man werde niemanden mit Termin wegschicken. Die Verantwortlichen würden aber schon gern sehen, wenn sich die Bürger in ihren Heimatkreisen impfen lassen, weil die Impfdosen über einen Quotienten verteilt würden.

4. Was ist, wenn ich nicht nach Merseburg kommen kann?

Der Saalekreis ist groß, der Weg in die Kreisstadt gerade aus Wettin oder Querfurt weit. Viele Angehörige der aktuellen Zielgruppe sind nicht mehr so mobil. Berlin holt seine Senioren bei Bedarf deshalb mit dem Taxi ab. Im Saalekreis wird es so etwas nicht geben, sagt Faulstich. Man wolle aber perspektivisch mit den Impfteams in die Fläche gehen, sobald entsprechende Impfstoffmengen da sind.

Dafür habe man schon mit den Kommunen über Räume gesprochen. Beginnen werde man dann an den Kreisrändern. Dort, wo der Weg nach Merseburg am weitesten ist. Auch hier hofft Faulstich, dass es im Februar soweit ist. Zudem sollen künftig Impfteams ambulante Pflegedienste vor allem zu Bettlägerigen begleiten. Das Impfzentrum ist auch räumlich darauf eingestellt, dass gerade bei Älteren eine Begleitperson mitkommt.

5. Hat die Impfung Nebenwirkungen?

Laut RKI kann es als Reaktion auf die Impfung zu Fieber-, Kopf- und Gliederschmerzen kommen. Schwere allergische Reaktionen auf das Biontech-Präparat, wie sie zum Auftakt der Impfungen in England vermeldet wurden, sind offenbar äußerst selten. Nach einer Zwischenauswertung der US-amerikanischen Gesundheitsbehörde traten sie dort im Schnitt bei 11,1 von einer Millionen Impfungen auf. Laut Gesundheitsamtsleiterin Annegret Muchow kam es bei den 1.916 bisherigen Impfungen im Saalekreis maximal vereinzelt zu Hautrötungen.

6. Gibt es Ausschlusskriterien für eine Impfung?

„Ja, akute fiebrige Infekte“, sagt Muchow. Wenn Impfwillige etwa im Zuge einer Krebstherapie Immunsuppressiva bekämen, müsse man genauer hinschauen, weil diese das Immunsystem herunterfahren. Dadurch könne es sein, dass nicht die gewünschte Wirkung entsteht, dass Antikörper gegen das Virus gebildet werden.

7. Welchen Impfstoff bekomme ich?

Kurz gesagt: Den, der gerade da ist. Eine Wahlmöglichkeit besteht nicht. Allerdings soll jeder beide Impfungen vom selben Hersteller und möglichst aus derselben Charge erhalten. Deswegen wird jeweils die Hälfte der Impfdosen bis zum zweiten Termin drei Wochen später eingelagert. Bisher hat der Kreis nur das Biontech- Präparat verimpft. In dieser Woche soll nun auch eine erste Lieferung des neuen Impfstoffs von Moderna folgen. (mz)

An der Anmeldung wird unter anderem die Impfberechtigung geprüft.
An der Anmeldung wird unter anderem die Impfberechtigung geprüft.
Eine Ampulle bietet sechs Impfdosen.
Eine Ampulle bietet sechs Impfdosen.
Robert Briest
Die Impfung ist Sekundensache.
Die Impfung ist Sekundensache.
Robert Briest