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Imbiss-Schlägerei in Mücheln Imbiss-Schlägerei in Mücheln: Mildes Urteil nach Aufschrei

Von UNDINE FREYBERG 06.11.2014, 10:57
Der Imbiss-Betreiber zeigt nach dem Zwischenfall im Februar 2012 eine zerstörte Scheibe.
Der Imbiss-Betreiber zeigt nach dem Zwischenfall im Februar 2012 eine zerstörte Scheibe. Andreas Stedtler/Archiv Lizenz

Merseburg/Halle (Saale) - Nach einer Schlägerei in einem türkischen Imbiss in Mücheln im Saalekreis vor gut zweieinhalb Jahren hatte es einen bundesweiten Aufschrei gegeben, weil ein rechtsradikaler Hintergrund für die Tat im Februar 2012 vermutet wurde. Innenminister Holger Stahlknecht (CDU) war nach dem Zwischenfall demonstrativ zum Döner essen nach Mücheln gekommen. Und der türkische Generalkonsul Tunca Özçuhadar empfing den Wirt und seine Freundin in Hannover. Wenige Wochen später gab der Wirt sein Geschäft in Mücheln auf.

Die Justiz war in ihrer Bewertung indes zurückhaltender. Drei Männer, die sich wegen gefährlicher Körperverletzung zunächst vor dem Amtsgericht Merseburg verantworten mussten, wurden in erster Instanz von diesem Vorwurf freigesprochen. Und auch in der Berufungsverhandlung, die gestern vor dem Landgericht Halle stattfand, fielen milde Urteile.

Der heute 57-Jährige sowie ein 22- und ein 25-Jähriger aus Mücheln wurden von dem Hauptvorwurf der gefährlichen Körperverletzung freigesprochen. „Abgesehen von den Aussagen der Geschädigten haben wir praktisch nichts“, sagte die Vorsitzende Richterin Sabine Staron. Es sei nicht so, dass das Gericht den Schilderungen der Geschädigten nicht glaube oder nicht glauben wolle.

Doch obwohl alle damals im „Grill-Haus“ Anwesenden sowie weitere Zeugen gehört wurden, habe nicht eindeutig nachgewiesen werden können, dass die drei Männer den Wirt und seine Freundin angegriffen hätten. Zudem sei unklar, wer wen zuerst geschlagen oder gerempelt habe. Ob der Wirt tatsächlich getreten wurde, konnte überhaupt nicht ermittelt werden.

Als wichtig sah es das Gericht an, dass ein Rechtsmediziner, der den Wirt zwei Tage nach dem Zwischenfall untersucht hatte, keine Verletzungen feststellen konnte, die auch nur annähernd zu den Schilderungen gepasst hätten. Der Mann hatte angegeben, dass sein Oberkörper nach dem Angriff ganz blau von Schlägen gewesen sei. Das sei unlogisch, so die Richterin.

Ein weiterer Gutachter hatte bei dem türkischstämmigen Wirt eine posttraumatische Belastungsstörung mit Schlafstörungen und Angstattacken festgestellt. Es sei möglich, dass der Mann, der sich in einer Ausnahmesituation befunden hat, Tritte und Schläge empfunden habe, obwohl es nur Berührungen oder Schubser gewesen seien. Der Wirt hatte erklärt, er sei von hinten angegriffen worden. „Und so wird er es auch immer schildern, weil er es so empfunden hat“, sagte Richterin Staron.

Staatsanwalt Peter Hübner und den Nebenklägervertretern war die Enttäuschung über das Urteil anzusehen. Hübner hatte für zwei der Angeklagten eine Verurteilung zu sieben Monaten Haft gefordert, in einem Fall nach Jugendstrafrecht. Für den 57-jährigen Angeklagten forderte er zehn Monate Haft wegen Körperverletzung und Bedrohung.

Der Mann wurde wegen Bedrohung zu einer Geldstrafe von 1 500 Euro verurteilt. Der 22-Jährige wurde wegen Sachbeschädigung zu zweimal Jugendarrest verurteilt. Der dritte Angeklagte wurde komplett freigesprochen. (mz)

Die drei Angeklagten Männer im Prozess um einen ausländerfeindlichen Überfall betreten den Verhandlungssaal.
Die drei Angeklagten Männer im Prozess um einen ausländerfeindlichen Überfall betreten den Verhandlungssaal.
dpa Lizenz
Blick auf das Amtsgericht Merseburg
Blick auf das Amtsgericht Merseburg
dpa Lizenz