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Handarbeit Handarbeit: Turbo-Häklerin fährt zur WM

Von Tilo Krippendorf 04.02.2014, 22:29
Andrea Herrling (Mitte) beim Fingerstricken mit Emely (l.) und Tochter Paula.
Andrea Herrling (Mitte) beim Fingerstricken mit Emely (l.) und Tochter Paula. Peter Wölk Lizenz

Pretitz/MZ - Noch ist Andrea Herrling ganz ruhig. Die 44-jährige Pretitzerin häkelt und strickt, wie immer. Herrling greift schon früh am Morgen nach der Häkelnadel. „Ich nutze jede freie Minute, ich kann dabei gut abschalten und über den anstehenden Tag nachdenken.“ Am kommenden Wochenende wird es aber hektisch. Andrea Herrling will dann wieder ins bayerische Zirndorf bei Nürnberg fahren und sich mit den Besten der Welt messen. Zum zweiten Mal findet dort die Häkel-WM statt, im vergangenen Jahr belegte sie dort den fünften Platz.

Handarbeits-Fan

„Mal sehen, wie es in diesem Jahr wird. Ich hoffe, dass ich diesmal auf das Treppchen komme“, sagt Herrling. Die Chancen stehen gut. Bei der Weltmeisterschaft gilt es, 50-Gramm-Wollknäuel so schnell wie möglich in die Maschen einer Mütze zu verwandeln. Zwölf Minuten und 55 Sekunden benötigte die Pretitzerin damals. Seitdem hat sie täglich geübt. In Pretitz ist Herrling inzwischen zur „Guerilla-Künstlerin“ avanciert. Eine Wasserpumpe und Bäume wurden von ihr mit bunter Wolle verschönert. Bei den Einwohnern stößt das Treiben meist auf Zustimmung.

Herrling ist ein überzeugter Fan althergebrachter Handarbeiten. „Ich möchte davon auch etwas an die Jüngeren überliefern“, so die 44-Jährige, die im Nebraer Johanniter-Haus arbeitet. Ihre zehnjährige Tochter Paula ist vom Häkel- und Strickfieber bereits angesteckt. Um noch mehr Kinder vom Vergnügen mit Wolle zu überzeugen, gibt Herrling auch ab und zu Kurse in der Vitzenburger Kinderoase. Dann wird gefilzt oder gehäkelt. In der vergangenen Woche stand „Fingerstricken“ auf dem Programm. Ganz ohne Nadel und nur mit den eigenen Händen konnten sich die Mädchen des Hortes in Windeseile einen eigenen Schal stricken. Bei den Jungs stieß das Angebot auf wenig Interesse. „Das ist aber normal, auch die Mädchen haben in dem Alter meist noch nicht die Geduld für große Strickpullover“, weiß Herrling.

Während sich der Schal der neunjährigen Emely immer länger auf dem Tisch schlängelte, kamen immer mehr Mädchen zu Herrling. Nach einer kurzen Einweisung durch Tochter Paula strickten die Mädels für sich selbst und die Geschwister. Falls sich die Wolle doch mal verknotete, sprang Andrea Herrling bei. „Fitz gehört dazu“, sagt die Pretitzerin und entwirrt das Garn fachmännisch.

Fünf eigene Schafe

Die Vitzenburger Kita-Chefin Runa Schmiedehausen ist froh, dass die Häkel-Meisterin in ihre Einrichtung kommt. „Wir wollen unseren Kindern vielfältige Freizeitbeschäftigungen anbieten, derartige Handarbeiten sind da ideal.“ Dass Häkeln nicht nur etwas für ältere Frauen ist, zeigen auch die Organisatoren der Weltmeisterschaft: Das sind zwei ehemalige Studenten, die nach einem Urlaub beschlossen, selbst gehäkelte Mützen zu verkaufen. Inzwischen beschäftigt das Unternehmen sechs Angestellte und verkauft selbstgehäkelte Mützen in alle Welt. Auch Wolle vermarktet das Unternehmen inzwischen. Doch die benötigt Andrea Herrling kaum. Sie hält selbst fünf Schafe. „Die werden einmal im Jahr geschoren, auch die Wolle färbe ich selbst“, sagt Herrling.

Eine Wasserpumpe und Bäume wurden von Andrea Herrling mit bunter Wolle verschönert.
Eine Wasserpumpe und Bäume wurden von Andrea Herrling mit bunter Wolle verschönert.
Wölk Lizenz