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Flüchtlinge im Saalekreis Flüchtlinge im Saalekreis: Sorge um sozialen Frieden

Von Dirk Skrzypczak 07.10.2015, 08:28
Die neue Borlach-Schule, zwischen 1928 und 1936 gebaut, beherbergte zuletzt bis 2007 das Novalis-Gymnasium. Als es geschlossen wurde, stand das Objekt leer. 7 Millionen Euro investierte der Saalekreis, um es umfassend zu sanieren.
Die neue Borlach-Schule, zwischen 1928 und 1936 gebaut, beherbergte zuletzt bis 2007 das Novalis-Gymnasium. Als es geschlossen wurde, stand das Objekt leer. 7 Millionen Euro investierte der Saalekreis, um es umfassend zu sanieren. Marco Junghans Lizenz

Merseburg - Bad Dürrenbergs Bürgermeister Christoph Schulze (CDU) kennt die Gerüchte um die ehemalige Borlachschule, die in der Salinestadt die Runde machen. „Aber dass das Haus tatsächlich als Flüchtlingsunterkunft im Gespräch ist, habe ich erst aus der MZ erfahren.“ Entsprechende Notfallpläne hatte Landrat Frank Bannert (CDU) der MZ bestätigt. Noch etwas war neu für Schulze - und nicht nur für ihn: Bislang werden Migranten während der Dauer ihrer Asylverfahren nur im Südkreis untergebracht. „Wir brauchen im Saalekreis eine ausgewogenere Verteilung. Sonst wird es immer schwerer, auf Akzeptanz in der Bevölkerung zu hoffen“, sagt Schulze.

Infrastruktur entscheidet

Aktuell leben fast 1.600 Flüchtlinge zumeist in Merseburg, Braunsbedra, Mücheln und Bad Dürrenberg. Bis auf das Heim in Krumpa mit seinen 280 Plätzen sind die Migranten in Wohnungen untergebracht - organisiert und betreut vom Betreuungs- und Integrationshilfeverein (BIH). Und der BIH achtet bislang darauf, dass die Infrastruktur stimmt: die Nähe zu Ärzten, Schulen, Kitas, Einkaufsmöglichkeiten und Bushaltestellen. Bedingungen, die so im Nordkreis schwerer zu finden sind.

Merseburgs Stadtratsvorsitzender Hans-Hubert Werner (CDU) warnt vor Aktionismus. „Gerechte Verteilung im Saalekreis? Das kann gar nicht funktionieren. Es müssen doch die Voraussetzungen vorhanden sein, um die Flüchtlinge menschenwürdig unterzubringen.“ Aktuell befinden sich in der Kreisstadt 757 Erwachsene und Kinder im Asylverfahren. Derzeit dauern die Verfahren im Saalekreis im Durchschnitt fünf Monate. Aber auch Werner fordert Gemeinden im Nordkreis auf, sich aktiv in den Prozess einzubringen.

„Diese Herausforderung müssen wir gemeinsam schultern.“ Ähnlich sieht es Müchelns Bürgermeister Andreas Marggraf (parteilos), der zudem mehr Hilfe vom BIH einfordert. „Die Flüchtlinge brauchen Unterstützung bei Behördengängen bis hin zur Anmeldung in der Kita. Da fühlen wir uns allein gelassen.“

Ende November wird es knapp

Mittlerweile ist die Zahl der Asylsuchenden, die dem Saalekreis zugewiesen werden, von 420 auf 500 im Monat gestiegen. „Unter diesen Verhältnissen reichen die Wohnungen, die wir zur Verfügung haben, bis Ende November“, sagt André Wähnelt, Sozialdezernent im Landkreis. Zu dieser Bestandsaufnahme gehört auch die alte Molkerei in Merseburg mit etwa 300 Plätzen - aber laut Wähnelt nicht die Schule in Merseburg-West und auch nicht die ehemalige Borlachschule Bad Dürrenberg. „Dort sind derzeit auch keine Investitionen geplant, um das Gebäude als Unterkunft zu ertüchtigen“, so Wähnelt. Zumal der Landkreis die leere Schule ab dem Schuljahr 2016/17 als Ausweichquartier benötigt, wenn die Sekundarschule Gröbers saniert werden soll. „Wir haben vereinbart, dass wir im März 2016 die Lage besprechen“, meint Kreistagsmitglied Daniel Stahnke (SPD).

Integration wichtig

Braunsbedras Bürgermeister Steffen Schmitz (CDU) hält Gemeinschaftsunterkünfte indes für ungeeignet, um die Integration von Asylbewerbern zu fördern. „Wenn Flüchtlinge in großer Anzahl in einen Wohnblock kommen, weil es keine anderen Alternativen mehr gibt, dann sind sie vom öffentlichen Leben isoliert. Dann bleiben diese Menschen Fremde. Und auch das Misstrauen der Bürger bleibt.“ Merseburgs Oberbürgermeister Jens Bühligen (CDU) sieht die große Aufgabe ebenso vor allem darin, die Migranten in das öffentliche Leben einzubinden. „Wir sollten darüber diskutieren, wie uns das gelingen kann. Hier brauchen wir Antworten. Die Integration wird die eigentliche Herausforderung.“ (mz)