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Fahrschulen Fahrschulen: Fahrlehrer wehrt sich gegen Abzock-Vorwürfe bei Prüfungen

Von Michael Bertram 23.01.2013, 18:39

Merseburg/MZ. - Hartmut Schmidt ist sauer. Den Vorwurf, ein Abzocker zu sein, kann und will der Fahrlehrer nicht auf sich sitzen lassen. "Die Vorwürfe des ACE sind unhaltbar", sagt Schmidt, der auch Sprecher des Kreisverbandes der Fahrlehrer ist und in Günthersdorf sowie Merseburg Fahrschulen betreibt.

Jener Automobilclub Europa warf den Fahrlehrern nämlich in einer Studie vor, auf Durchfaller zu spekulieren, um im Nachhinein zusätzliche Fahrstunden abrechnen zu können. Im Ländervergleich fielen die Quoten vor allem im Osten besonders negativ aus. Das Schlusslicht bildete Sachsen-Anhalt, wo laut Zahlen des Kraftfahrtbundesamtes von 2011 mehr als jeder dritte Fahrschüler mindestens einmal durch die Prüfung rasselte. Der Grund sind laut der Studie die härteren Bedingungen, unter denen die hiesigen Fahrschulen heutzutage miteinander konkurrieren: Bei einer hohen Zahl von Schulen gibt es immer weniger junge Menschen. Die Studie unterstellt den Fahrschulen deshalb, den Einzelnen umso stärker schröpfen zu wollen.

Sicher gebe es immer schwarze Schafe, sagt Schmidt, aber alle Fahrschulen über einen Kamm zu scheren, sei ungerecht. "Wir würden doch unseren eigenen Ruf aufs Spiel setzen, wenn wir so vorgehen", meint Schmidt, der jährlich rund 250 Schülern zum Führerschein verhilft. Denn immerhin lebten viele Fahrschulen von Empfehlungen unter Freunden oder innerhalb der Familie. "Wenn einer meiner Schüler eine Prüfung hat, dann bin ich genauso gestresst wie er - wir sind ein Team, das im Ernstfall gemeinsam verliert", sagt Schmidt.

"Diese Vorwürfe sind völlig überzogen", meint auch Uwe Engelmann von der für die Abnahme der Prüfungen zuständigen Dekra in Halle. Der Experte sieht darüber hinaus andere Gründe für die hohe Zahl von Durchfallern. "Die Zahl der 17-Jährigen hat sich bei uns in den vergangenen Jahren nahezu halbiert", sagt Engelmann, "und der Anteil der älteren Fahrschüler ist dadurch deutlich gestiegen." Diese würden zwar viel intensiver als die jüngeren Schüler die Theorieinhalte pauken, könnten das Wissen aber oft nicht 1:1 in der Praxis umsetzen. Diese Vermutung stützt auch eine zweite - noch nicht veröffentlichte - Studie der TU Dresden, die älteren Fahrschülern auf der Straße häufiger bescheinigt, überfordert zu sein. Zudem würden in den Ländern mit niedrigeren Durchfallquoten die Fahrprüfungen öfter im ländlichen Raum mit weitaus weniger Verkehr abgenommen.

Laut jüngster Zahlen der Dekra waren im vergangenen Jahr 38,9 Prozent der Fahrschüler im südlichen Sachsen-Anhalt durch die Praxisprüfung gefallen. In der Theorie versagten demnach 38,5 Prozent. Laut Fahrlehrer Hartmut Schmidt steckt dahinter auch ein Mentalitätsproblem, das er bei den jüngeren Schülern ausgemacht haben will: "Früher war der Führerschein für die meisten die Nummer eins auf der Prioritätenliste", erzählt Schmidt. Dieses Ziel werde heute von der Internet-Generation nicht mehr so hartnäckig verfolgt. "Denn dank des Netzes ist man auch ohne Auto heute recht mobil."