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Empörung über Aussagen im Stadtrat Ist Gelände für Wohngebiet in Merseburg verseucht? - Firma wehrt sich mit Gutachten

Merseburger Stadträte schießen gegen die Entwicklerin eines Wohngebietes. Dabei haben sie dem Bebauungsplan selbst zugestimmt. Haben sie das Bodengutachten von vor einigen Jahren einfach vergessen? Die MZ sagt, was drin steht.

Von Undine Freyberg 08.12.2022, 12:00
Das Gebiet an der Rheinstraße, das die Firma Siewert gern ebenfalls entwickeln würde
Das Gebiet an der Rheinstraße, das die Firma Siewert gern ebenfalls entwickeln würde (Foto: Katrin Sieler)

Merseburg/MZ - Entsetzen und Empörung bei der Firma Siewert, Entwicklerin des Wohngebiets an der Merseburger Rheinstraße. Der Grund: die Äußerungen einiger Stadträte in einer Sitzung des Bauausschusses des Merseburger Stadtrates Ende November.

Mehrere Stadträte hatten aufgrund möglicher Altlasten Bedenken angemeldet, dort weitere Wohnbebauung und einen Spielplatz zu errichten. Ein Stadtrat sagte sogar, das Gebiet sei „verseucht“ und es sei unseriös, dort Land zu verkaufen.

Warum diese Behauptungen falsch sind

„Was da gesagt wurde, ist einfach falsch, und das müssten die Räte auch wissen. Schließlich haben sie selbst dem Bebauungsplan für das Gebiet zugestimmt und dafür hatten alle nötigen Unterlagen vorgelegen“, sagt Stadtplaner und Bauingenieur Horst Küster, der die Planungen für Siewert vorgenommen hat. Man habe das Gelände damals von der Bundesimmobilienanstalt gekauft – es habe ja dem Bund gehört. „Und das haben wir nur getan, weil es dazu ein entsprechendes Gutachten gab.“

„Für eine Umnutzung zur Wohnbebauung bestehen auf den untersuchten Flächen keine Beschränkungen. Es müssen bei einer Wohnbebauung generell keine Flächen ausgespart werden.“

Auszug aus einem Gutachten

Der Untersuchungsbericht der Firma GUT im Auftrag des Bundes, der dem Landkreis und der Stadt Merseburg vorgelegen habe, bescheinige quasi eine Unbedenklichkeit. In dem Gutachten, das auch der MZ vorliegt, heißt es nämlich: „Für eine Umnutzung zur Wohnbebauung bestehen auf den untersuchten Flächen keine Beschränkungen. Es müssen bei einer Wohnbebauung generell keine Flächen ausgespart werden.“ Ohne diese Aussage, wäre das Gelände für die Firma Siewert nicht interessant gewesen. Aber es sei auch gemeinsam mit dem Landkreis festgelegt worden, dass die Firma Siewert nochmal den Boden jedes verkauften Grundstücks untersuchen lassen müsse. Das bedeute viel Aufwand. Und das sei alles auch im Bebauungsplan festgehalten.

Stadt wird immer attraktiver

„Man darf auch nicht vergessen, dass wir in diesem Bereich helfen, einen städtebaulichen Missstand zu beseitigen. Hier befinden sich unterirdisch auch noch Reste der Gebäude, die früher zur Kaserne gehörten“, sagt Küster. Mit Beginn der Vermarktung – einige der geplanten rund 60 Häuser stehen bereits, weitere Grundstücke sind verkauft – habe man gemerkt, dass das Areal bei Bauwilligen beliebt sei. Es liege zentrumsnah und verkehrsgünstig, und man dürfe auch die weitere Entwicklung Merseburgs nicht außer acht lassen. Mit der Ansiedlung von Leuna III und verschiedenen Bundesbehörden werde die Stadt immer attraktiver.

„Deshalb möchten wir über eine 1. Änderung des beschlossenen Bebauungsplans erreichen, dass ein Teil des aktuell als Grünfläche ausgewiesenen Areals ebenfalls für die Wohnbebauung zur Verfügung gestellt werden kann. Es würde sich um 20 bis 22 weitere Grundstücke handeln.“ Eine Erweiterung der Wohnbebauung sei nie ausgeschlossen worden. Die Gesamtgrünfläche sei rund 35.000 Quadratmeter groß. Im Falle der teilweisen Bebauung würde man an anderer Stelle den Grünausgleich schaffen. „Um die Flächen dafür haben wir die Stadt bereits gebeten. Es gibt auch schon Vorschläge.“

Nach den kritischen Äußerungen mehrerer Räte im Bauausschuss hatte Merseburgs OB Sebastian Müller-Bahr (CDU) gegenüber der MZ gesagt, dass man die Kritik des Ausschusses zur Kenntnis nehmen müsse und nun prüfe, wie es weitergehen könnte und ob ein Kompromiss möglich sei.

Im MZ-Gespräch hat die Firma Siewert angeboten, ihre Pläne nochmal selbst in einer Sitzung des Bauausschusses vorzustellen und Fragen der Ausschussmitglieder zu beantworten. „Ich kann mich tatsächlich nicht mehr an die Unterlagen von vor vier oder noch mehr Jahren zu diesem Projekt erinnern“, sagte ein Stadtrat gegenüber der MZ. „Aber jeder, der in unserer Stadt investieren will, hat das Recht, seine Pläne darzulegen. Und dann muss man einfach drüber reden.“