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Diamantene Hochzeit Diamantene Hochzeit: Stahlhelm diente als »Gattenersatz«

Von Corinne Treder 06.06.2001, 16:48

Mücheln/MZ. - Hans war als Soldat inGriechenland stationiert und Milda seit seinemletzten Urlaub zu Weihnachten schwanger. Ohnevorher geheiratet zu haben. Vier Jahre zuvorhatten sie sich auf dem Schützenfest in Biendorf,heute Ortsteil von Mücheln, kennen gelernt.Hans ist gebürtiger Bayer und arbeitete alsBauschlosser hier in der Region auf Montage.

Als der Kommandeur von der Möglichkeit derFerntrauung sprach, kam das dem Soldat HansProbst gerade recht. Und der ganzen Truppeauch. Denn zu diesem Anlass "wurde gefeiertund ein Schwein geschlachtet", erinnert sichder heute 87-Jährige. Ehe die Kunde per Briefbis nach Biendorf kam, vergingen einige Wochen."Mein Mann hat geheiratet und ich weiß vonnichts, stell'n Sie sich das mal vor", sagtdie fast 80-Jährige.

Dann geht alles ganz schnell: Am nächstenTag bindet sie ihre Schürze ab (sie war geradebeim Wäsche waschen) und geht zum Rathaus.Allein, nur mit einem Schirm in der Hand,weil es regnete. "Ich musste ein Papier unterschreibenund das war's", sagt die grauhaarige Frau.

Etwas Feierliches gibt es aber schon: Nebenihr steht ein Stuhl, der mit vielen daranfest gebundenen weißen Margeriten geschmücktwar. Darauf ein Strauß Rosen und ein Stahlhelm,"als Gattenersatz." Dabei hatte sich ihr Vater,der Jahrzehnte unter Tage schuftete, als Bräutigam"einen von der Grube gewünscht." Das sind"ehrliche Leute", meinte er.

'Den Hans siehst du bestimmt nicht wieder',dachte die frisch Verheiratete. Vielleichtauch aus dem Grund hat sie ihrer im darauffolgenden September geborenen Tochter denNamen Edith gegeben. "Weil der ihm so gefiel."Aber Hans kam wieder. Da war Edith fast fünfJahre alt, im Mai 1945, als der Krieg auswar.

Später wird noch ein Sohn geboren und dieBahn wird für beide berufsbedingt zur zweitenHeimat. Dass sie dort freie Fahrt haben, nutzensie für ihren Urlaub: 18 Mal fahren sie zumZelten bis zur russischen Grenze, das Gepäckwird mit der Bahn geschickt. Jetzt sitzt dasPaar bei schönem Wetter lieber in seinem Gartenmit den alten Obstbäumen. Oder auf der Terrassebis zum Sonnenuntergang. Noch heute kochtMilda Probst jährlich 180 Gläser Obst ein.Das reicht fürs Jahr und die ganze Familiedazu.