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Bundeswehr Bundeswehr: Querfurter in Afghanistan

Von JAN-OLE PRASSE 26.02.2013, 19:28
Sascha Seidel (l.) und Konstantin Raven in Afghanistan
Sascha Seidel (l.) und Konstantin Raven in Afghanistan PRIVAT Lizenz

QUERFURT/MZ - Es ist wie eine kleine Stadt außerhalb von Mazar-i Sharif: Camp Marmal, größtes Lager der Bundeswehr in Afghanistan. 5 500 Soldaten aus 16 Nationen sind hier stationiert, darunter 2 800 aus Deutschland. In Camp Marmal haben auch zwei Querfurter Bundeswehrsoldaten, Sascha Seidel und Konstantin Raven, ihren Dienst von Juli bis November 2012 verrichtet. Für beide war es der erste Auslandseinsatz. „Zu Beginn war die Hitze brutal. Ich habe geschwitzt, ohne dass ich mich bewegt hätte“, sagt Seidel.

Kein Wunder, die 270 000 Einwohner-Stadt Mazar-i Sharif im Norden Afghanistans gehört zu den heißesten Städten im Land. Im Juli herrschen Durchschnittstemperaturen von etwa 40 Grad – im Schatten wohlgemerkt. Und bei dieser Hitze mussten die beiden sieben Tage die Woche arbeiten. Wassertanks und Klimaanlagen auffüllen sowie Ausrüstung durchs Lager transportieren. Seidel und Raven gehören zum Logistikbataillon 131 aus Bad Frankenhausen. „Dadurch dass wir viel zu tun hatten, ging die Zeit aber auch schnell rum“, sagt Raven. Zudem hat Logistik noch einen großen Vorteil: Die Soldaten kommen raus aus dem Lager. Denn einfach mal so als Bundeswehrsoldat in die Stadt gehen, ist in Afghanistan strengstens verboten. Zu unsicher ist die Lage immer noch.

Verkehr ist "Wahnsinn"

Die beiden Querfurter haben von der schwierigen Sicherheitslage selbst wenig mitbekommen. Ein Gefecht oder eine gefährliche Situation haben sie zum Glück nicht miterleben müssen. „Außer vielleicht der afghanische Verkehr. Das ist Wahnsinn, wie die Leute da fahren“, erzählt Seidel. Wenn ihr Trupp zum Außenposten OP North in der Nähe der Stadt Baglahn musste, dann bekamen sie den hautnah zu spüren. An ihrem Konvoi mit mehreren gepanzerten Fahrzeugen rasten afghanische Lkw vorbei. „Das war teilweise abenteuerlich“, sagt Seidel. Die Straße zwischen den Lagern ist mittlerweile gut ausgebaut. Dennoch sei bei jeder Tour eine gewisse Grundanspannung dagewesen, denn bei den Ausfahrten muss die komplette Schutzausrüstung samt Waffen, zusammen etwa 20 Kilogramm schwer, mitgeführt werden.

Schließlich ist der Krieg immer noch allgegenwärtig. Am Straßenrand, so erzählt Raven, ständen Batterien von ausgeschlachteten russischen Panzern. Auch die Armut sei auf der Strecke zu spüren. Immer wieder ging es durch kleine afghanische Dörfer, wo die Menschen in Lehmhütten leben. Allerdings eingerahmt von einer malerisch schönen Landschaft, mit riesigen Bergen und Schluchten. Im Kontrast dazu Masar-i Sharif, wo die beiden auch ab und an durchgefahren sind. „Das ist eine relativ reiche Stadt, da gibt es heute schon Villenviertel“, erzählt Seidel. Allerdings noch weit entfernt von europäischen Verhältnissen.

Viele Annehmlichkeiten im Lager

Der krasse Gegensatz dazu ist das Camp Marmal, wo die beiden Querfurter lebten. Eine Stadt aus Containern. Jeweils 15 Container zu beiden Seiten sind in einer Reihe aufgestellt, darüber provisorische Dächer gebaut. Jeweils zu zweit oder zu dritt wird in einem Wohncontainer gelebt. Daneben hat jeder Bereich, Shelter im Bundeswehr-Jargon, drei Sanitätscontainer sowie einen Aufenthaltsraum. „Dort haben wir dann spät abends meist zusammen mit der Kompanie gesessen, ein Feierabendbier getrunken, gegrillt oder Fernsehen geguckt“, sagt Seidel.

Das Leben im Camp hält einige Annehmlichkeiten bereit, die die beiden überrascht haben. „Es gibt viele Sportmöglichkeiten“, sagt Seidel, der wie Raven Fußball beim VfL Querfurt in der Landesklasse spielt. Die Bundeswehr unterhalte eine Sporthalle sowie zwei Fitnessräume, die Amerikaner haben auch eine Turnhalle. Besonders begeistert waren die beiden Querfurter allerdings von den Norwegern. Die haben in ihrem Teil des Lagers einen Kunstrasenplatz. „Da waren wir einmal in der Woche kicken“, erzählt Raven.

Zudem kann im Camp per Internet dauerhaft der Kontakt nach Deutschland gehalten werden. „Ich habe jeden Abend mit meiner Freundin und meiner Mutter telefoniert oder über Facebook geschrieben“, sagt Seidel. Denn gerade für seine Mutter sei der Auslandeinsatz besonders nervenaufreibend gewesen. „Klar, in den Nachrichten sind immer nur schlechte Nachrichten aus Afghanistan zu sehen“, meint Seidel. Trotz aller Annehmlichkeiten und besonderen Erfahrungen sind beide froh, wieder zu Hause zu sein. Für den 31 Jahre alten Konstantin Raven war es definitiv der erste und letzte Einsatz in Afghanistan. Die Dienstzeit bei der Bundeswehr endet für den Zeitsoldaten 2014. Der 28-jährige Seidel, der einen Antrag auf Verlängerung bei der Armee gestellt hat, könnte theoretisch noch mal in den Auslandseinsatz. Doch Afghanistan ist als Ziel unwahrscheinlich. Der Abzug der Bundeswehr soll 2014 stattfinden. Und die Vorbereitungen laufen auf Hochtouren. „Wir waren schon damit beschäftigt, Container zu packen und Transportwege zu erkunden“, so Raven.