Bundestagswahl Bundestagswahl: Architekt sieht Staat in der Verantwortung
MEMLEBEN/MZ. - Seit 2004 jedoch wohnen und arbeiten beide auf dem Wendelstein, den Dreetz erworben hat. Die Liebe zur von weitem eher unwirtlich wirkenden Burg, die von Wohngebäuden und eine romantischen Ruine umgrenzt wird, war eine auf den zweiten Blick. Heute schwärmt Dreetz vom Charme des Wendelsteins, der wohl das Zeug zum Nobelquartier hätte. Aber Schickimicki solle das hier nicht werden, das sei nicht seine Art, bekundet er.
Dreetz kandidiert als Grüner Direktkandidat und auf der Landesliste der Grünen für den Bundestag. Der freiberufliche Architekt saniert Gebäude nicht in erster Linie für den Weiterverkauf, sondern vermietet oder verpachtet sie. Dazu gehören Gutshöfe, aber auch Plattenbauten. So sieht sich der Schlossherr vom Wendelstein auch als jemand, der mit den Problemen von Menschen hierzulande sehr direkt konfrontiert ist. "Menschen, die auch für mich, ihren Vermieter, nicht immer bequem sind, aber die ich mag", versichert er.
Bundestagswahl 2009
Wie er das Auftreten der Behörden in solchen Situationen erlebt hat, habe ihn - neben der Sorge um die Umwelt - dazu bewogen, sich bei den Grünen zu engagieren, sagt Dreetz und schildert den Umgang der Ämter mit einer Mieterin auf dem Wendelstein, einer allein erziehenden, überforderten Mutter, deren Kinder mit Polizeihilfe im Heim untergebracht wurden. Der Frau einen ständigen Betreuer zur Seite zu stellen, wäre hilfreicher und langfristig für die Gesellschaft weniger teuer, findet Dreetz.
Der Kandidat der Grünen spricht davon, dass der Staat die Dinge regeln müsse, die die Wirtschaft offenbar nicht regeln könne. Dazu gehören für ihn Mindestlöhne und gesetzliche Beschränkung der Arbeitszeit. Dass die Polizei kommt, wenn nach Dienstschluss noch Licht in der Werkhalle brennt, ist eine zugespitzte, für ihn aber keine absurde Vorstellung. Absurd findet er, dass es für die einen keine Arbeit gibt und für die anderen den Zwölfstundentag.
Bildung, so Dreetz, müsse für alle kostenlos sein, von der Kita bis zur Uni. Kommunale Dienstleistungsgesellschaften, die sich in der Altenpflege engagieren oder in der Gebäudesanierung hält er für einen Weg, Arbeit zu schaffen. Ein weiterer sei die Verbindung von Wirtschafts- und Umweltpolitik. Statt der Abwrackprämie für Autos, die den Innovationsgeist ihrer Konstrukteure nicht beflügele, hält er Prämien für die Stilllegung alter Elektrogeräte und Heizungen für sinnvoll. Für den Energiebereich beansprucht der langjährige Hochschullehrer Kompetenz. Neue Braunkohletagebaue und -kraftwerke sind für ihn der falsche Weg. "Das ist, als würden Sie heute Dampfloks bauen."
In der Region hat sich Jochen Dreetz mit seinem Engagement für Amnesty International einen Namen gemacht. In Naumburg hat er ein Gruppe der Menschenrechtsorganisation ins Leben gerufen. Eine faire Asyl- und Zuwanderungspolitik ist ihm wichtig. Die müsse ergänzt werden durch eine Politik gegen den Klimawandel, der Menschen aus den Gegenden vertreibt, in denen sie aufgewachsen sind.