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Brutale Attacke auf afrikanische Familie  Brutale Attacke auf afrikanische Familie : Die Täter als Nachbarn

Von Michael Bertram 11.10.2016, 06:00
In diesem Wohnblock in Merseburg ereignete sich der blutige Angriff.
In diesem Wohnblock in Merseburg ereignete sich der blutige Angriff. Bertram

Merseburg - Nach dem gewaltsamen Übergriff auf einen Afrikaner und seine Familie in einer Wohnung in Merseburg ist offen, wie es mit den Opfern weitergeht. Der Mann und seine deutsche Lebensgefährtin wohnen in einem Mehrfamilienhaus in der Unteraltenburg - genauso wie die beiden Angreifer, die das Paar und den fünfjährigen Enkel der Frau in der vergangenen Woche mit Schlagstock und Schlagring attackierten. Dabei wurden alle drei verletzt. Erst am Samstag hatte das Kind die Klinik wieder verlassen können.

Beide Parteien sollen sich nicht mehr begegnen

„Es wäre problematisch, die Familie jetzt innerhalb der Stadt umzusiedeln, denn das verfestigt nur noch ihre Rolle als Opfer und es kann keine Lösung sein, dass sie wieder den Kürzeren ziehen“, sagte Peter Pogunke, Pressesprecher der Opferhilfe „Weißer Ring“. Aus der Erfahrung heraus biete es sich bei solch problematischen Konstellationen jedoch an, Opfer erstmal bei Familienangehörigen oder Bekannten unterzubringen. Ob die Mitarbeiterin des Weißen Rings vor Ort bereits in Kontakt mit der Familie steht und ihr ein solches Angebot unterbreitet hat, konnte der Sprecher zunächst nicht sagen. Darüber hinaus rate der Weiße Ring dazu, Meidungsstrategien zu entwickeln. „Im Gespräch mit Opfern gehen wir die Tagesabläufe durch, um zu verhindern, dass sich beide Parteien begegnen, bis sich die Lage etwas beruhigt hat.“ Bannmeilen, wie sie etwa Stalking-Opfern helfen sollen, könnten nicht eingerichtet werden. „Und auch die Täter zu zwingen, wegzuziehen, geht nicht.“

Täter werden von Polizei sensibilisiert

Allerdings hatte die Polizei bereits eine sogenannte Gefährderansprache vorgenommen. Mit diesem Mittel werden Täter sensibilisiert, sich künftig zusammenzureißen und keine neuen Zwischenfälle zu provozieren. In den Gesprächen führen Polizeibeamte ihnen unter anderem mögliche Strafen vor Augen, die ihnen bei entsprechenden Taten drohen. Auch Annäherungs- und Kontaktverbote können ausgesprochen werden. Diese können sich über Stunden oder Wochen erstrecken. Bei Verstößen droht Polizeigewahrsam oder womöglich sogar die Unterbringung in einem Gefängnis, falls der Staatsanwalt Haftantrag stellt.

Attacke kann überall passieren

Auch bei der Wohnungsgenossenschaft Aufbau, der der Wohnblock gehört, machte man sich nach Bekanntwerden des Vorfalls Gedanken, wie es weitergeht. „Wir haben überlegt, ob wir tätig werden müssen, aber es wäre wohl das falsche Signal, die Opfer in einer anderen Wohnung unterzubringen“, sagte die Vorsitzende der WG Aufbau, Barbara Schneider. „Außerdem kann so ein Vorfall überall passieren“, sagt sie. Schneider zeigte sich fassungslos über die Brutalität und den Umstand, dass die Täter in eine fremde Wohnung eindrangen und auch bei Frau und Kind nicht vor Gewalt zurückschreckten.

Unterdessen gibt es keine neuen Erkenntnisse zu den Motiven der beiden Männer, die zum Zeitpunkt der Tat zudem erheblich betrunken waren. Die Polizei schließt Fremdenfeindlichkeit nicht aus. Einer der Männer erklärte auf dem Revier hingegen, dass er den Mann zur Rede stellen wollte, weil er laut Musik gehört hätte.

Menschen aus verschiedenen Kulturkreisen im Wohngebiet in Merseburg

Konkret war Barbara Schneider von der WG Aufbau dazu nichts bekannt. „Das Wohngebiet ist aber bekannt dafür, dass dort Menschen aus unterschiedlichen Kulturkreisen leben“, sagte sie. Missverständnisse und Streit seien nicht unüblich. „Es ist aber unvorstellbar, dass Menschen Probleme mit Gewalt lösen, nur weil sie mit jemandem nicht zurechtkommen.“ (mz)