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Brautkleider mit Geschichte

Von UNDINE FREYBERG 15.02.2009, 17:30

QUERFURT/MZ. - Doch bei dem einen oder anderen Brautkleid aus früheren Zeiten, das am Samstag bei einer kleinen Modenschau in der Querfurter Burgkirche gezeigt wurde, meldete sich die eine oder andere Dame und gab sich als einstige Trägerin zu erkennen. Manche wurden aber auch von Freundinnen oder der Tochter geoutet.

So wie Gertraude Becker aus Halle, die mit ihrer Tochter Andrea Müller und deren Mann nach Querfurt gekommen war. Die 88-Jährige hatte ihr Hochzeitskleid am 19. September 1950 getragen, als sie in Ramsin bei Bitterfeld ihren Paul geheiratet hat. "Als Vorlage dafür hatte ich ein Bild aus einer französischen Zeitschrift", erinnert sie sich. Das Kleid aus so genanntem Sandkrepp hat sie dann selbst angefertigt. "Ich war ja Schneiderin und hatte auch Lehrlinge, die mir dabei helfen konnten - vor allem bei der aufwendigen Röllchenarbeit für die Applikationen", erzählte sie der MZ und war ganz gerührt, als sie die junge Kathrin Marggraf in ihrem Kleid über den Laufsteg schreiten sah. "Da möchte man es fast selbst nochmal anziehen", lächelte Gertraude Becker.

Auch das edle cremefarbene Kleid, in dem Gertrud Reinhardt aus Nebra am 16. Juni 1949 geheiratet hat, war in der Schau zu sehen. Aber so ein Traum aus Seidensatin so kurz nach dem Krieg? "Der Cousin meines Vaters war damals nach Amerika gegangen, und als er hörte, dass ich heirate, schickte er ein Päckchen für mich mit dem Stoff" erzählte die Nebraerin.

Das Kleid, das Anni Hoffmann aus Merseburg für die Ausstellung gespendet hat, hatte ihre Mutter

Maria an ihrem Hochzeitstag am 16. Februar 1935 im ungarischen Pusztavam getragen. "Es war mir ein echtes Bedürfnis, die Brautausstattung meiner Mutter zur Verfügung zu stellen", sagte die 72-Jährige mit feuchten Augen. "Weil das auch ein Andenken an meine ungarische Heimat ist."

Als Ungarndeutsche hatten Anni Hoffmanns Eltern und die Kinder 1947 Ungarn verlassen müssen. "Aber probieren Sie doch mal meinen Kuchen", meinte die Merseburgerin dann schon wieder fröhlich. "Das ist ein Pishkoten - der fehlt in Ungarn auf keiner Hochzeit." Jeder, der wollte, konnte am Samstagnachmittag in der Burgkirche ein Stück probieren.

Das älteste Hochzeitskleid von 1917, Kleider aus den 30er bis 80er Jahren und aus der Zeit um 2000, sogar eine Husarenuniform von 1908 kann Anja Becker-Geipel unter anderem dank vieler Spenden in ihrer Schau zeigen. Manche sind sogar erst ein oder zwei Tage vor der Modenschau bei ihr eingetroffen. "Ich finde es toll, dass ich mit meiner Idee auf so viel Resonanz gestoßen bin", freut sich die Brautkleid-Sammlerin, die schon wieder die nächste Idee hat. "Ich möchte in meinem Atelier auf der Burg einen Raum mit wechselnden Ausstellungen zum Thema Bekleidung einrichten - wer also historische oder anderweitig interessante Bekleidung hat und eigentlich nicht weiß, was er damit anstellen soll, kann sich gern an mich wenden." Sie freue sich auch über die unterschiedlichsten Accessoires oder auch Fotos, die etwas über die Kleidung von Menschen zu einer bestimmten Zeit aussagen.

Die Brautmodenausstellung wird 100 Tage lang, also bis zum 17. Mai, in der Querfurter Burgkirche zu sehen sein.