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Bescherung auf Autohof Bäumchen Spontanes Weihnachtsständchen bei minus 10 Grad kommt bei Fernfahrern gut an

Musiker aus dem Kirchenkreis Merseburg geben ein Konzert für alle Fernfahrer. Wie die Überraschung ankommt.

Von Diana Dünschel Aktualisiert: 27.12.2021, 13:15
Weihnachtsklänge mitten auf der Raststätte zwischen Dutzenden Lkw, damit erfreuten diese Musiker Sonntag die Fernfahrer.
Weihnachtsklänge mitten auf der Raststätte zwischen Dutzenden Lkw, damit erfreuten diese Musiker Sonntag die Fernfahrer. Foto: Diana Dünschel

Bäumchen/MZ - Weihnachten auch an die denken, die das Fest nicht bei ihrer Familie verbringen können, mit diesem Ziel wurde Sonntagmittag im Kirchenkreis Merseburg eine ganz neue Aktion ins Leben gerufen, die schon bei ihrer Premiere viele zu Herzen rührte.

Superintendentin Christiane Kellner hatte vergangene Woche spontan eine E-Mail verschickt mit der Frage, wer unter den Musikern denn am zweiten Feiertag Zeit hätte, Fernfahrern ein Ständchen zu bringen, die wegen des Fahrverbots an Feiertagen einen Stopp einlegen mussten.

Am Ende fanden sich auf dem Rasthof Bäumchen elf Mitglieder verschiedener Posaunenorchester ein, darunter Axel Lindner vom Posaunenchor Merseburg mit seinem elfjährigen Sohn Theo, die zuvor bereits beim Gottesdienst in Schafstädt gespielt hatten.

Aber es gab noch zusätzliche Unterstützer. Zbigniew Stepniak, katholischer Priester, Musiker und Musikwissenschaftler, war extra aus Dresden gekommen und hatte damit die weiteste Anreise. Dabei sein wollte zudem der CDU-Landtagsabgeordnete Sven Czekalla aus Krumpa.

„Für uns ist es selbstverständlich, immer alle Lebensmittel im Supermarkt zu haben. Aber wer sie transportiert, darüber denken wir nicht nach“, begründete er sein Engagement am zweiten Feiertag.

„Das sind ja richtig viele. Ich bin stolz auf euch. Drei Jahre trug ich die Idee im Herzen“, zeigte sich Christiane Kellner dann sehr positiv überrascht, als die Musiker bei minus zehn Grad ihre Instrumente auspackten und sich einstimmten.

Tatsächlich war es für sie gar nicht einfach, bei dieser Kälte zu spielen. Enteisungsspray erwies sich da als hilfreich. Später ging es dann vor allem darum, die Instrumente nicht wieder kalt werden zu lassen.

Nur Zbigniew Stepniak, der mit seiner tiefen Bassstimme auf so mancher Aufnahme zu hören ist, musste leider passen. In dieser Woche stehen für ihn noch zwei Konzerte in der Schweiz an, war zu erfahren. Deshalb entschied er sich angesichts des klirrenden Frostes, seine Stimme zu schonen.

Superintendentin Christiane Kellner und Priester Zbigniew Stepniak übergaben das Friedenslicht und brachen mit den Fahrern eine Oblate.
Superintendentin Christiane Kellner und Priester Zbigniew Stepniak übergaben das Friedenslicht und brachen mit den Fahrern eine Oblate.
Foto: Diana Dünschel

Stattdessen unterstützte er Christiane Kellner beim Gang von Lkw zu Lkw und konnte als Pole den polnischen oder ukrainischen Fahrern das Anliegen dieses unverhofften Ständchens erklären.

Dazu gab es von der Superintendentin ein Friedenslicht für jeden, während Zbigniew Stepniak nach guter polnischer Weihnachtstradition mit den Männern wie Juri aus der Ukraine eine Oblate teilte. Der Fernfahrer zückte auch gleich sein Handy, um die Szene aufzunehmen.

Er erzählte, dass er auf dem Autohof von Samstagmorgen bis Montagmorgen ausharren muss, bis er seinen Truck bei einer Firma ganz in der Nähe entladen kann. Danach gehe es für ihn weiter nach Mannheim und bis nach Spanien.

Doch mit Titeln wie „Stille Nacht“ und „Es ist ein Ros entsprungen“ wurden nicht nur die Fernfahrer erfreut. Auch aus so manchem vorbeifahrenden Auto wurde gewunken oder ein „Daumen hoch“ gezeigt.

Ein polnisches Ehepaar, das zum Tanken von der Autobahn abgefahren war, gesellte sich spontan zu der kleinen Gruppe. „Bravo“, rief der Mann begeistert.

Für Christiane Kellner steht nun fest, dass es im nächsten Jahr eine Wiederholung geben wird. Dann will sie noch besser vorbereitet sein und „Frohe Weihnachten“ selbst auf Polnisch und Russisch wünschen können.