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Bad Dürrenberg Bad Dürrenberg: Optikergeschäft Becker feiert 50-jähriges Bestehen

Von Uljana Wuttig-Vogler 11.12.2012, 19:57

Bad Dürrenberg/MZ. - Damals war Becker 24 Jahre alt, hatte sein Studium als Augenoptiker erfolgreich abgeschlossen und eröffnete sein erstes eigenes Geschäft. "Ich hatte so großes Glück, denn Neugründungen waren in der DDR völlig ausgeschlossen", erinnert sich der gebürtige Merseburger. Für einen ausgebildeten Optiker habe es damals nur drei Arbeitsmöglichkeiten gegeben: in der Poliklinik, in der optischen Industrie oder in einem Witwenbetrieb.

Becker fand einen Witwenbetrieb, nachdem ihm sein ehemaliger Lehrmeister einen entsprechenden Tipp gegeben hatte. In Bad Dürrenberg war unerwartet der Goldschmied und Augenoptiker Erich Seelig gestorben.

"Ich machte mich gleich auf den Weg. Obwohl die Trauergesellschaft noch im Haus weilte, war die Witwe überhaupt nicht erzürnt, ganz im Gegenteil", erzählt Becker. Man einigte sich schnell: Am 2. Januar 1962 öffnete der junge Mann - zunächst als Angestellter, der Kaufvertrag kam erst später zustande - das erste Mal das Geschäft. Ein wahrer Strom brillenbedürftiger Menschen ergoss sich in die Räume. "Mein Vorgänger war nicht nur ein ausgezeichneter Goldschmied, sondern auch ein moderner Augenoptiker, wie an seiner Geräteausstattung zu sehen war", so Becker. Die Freude über den großen Ansturm sei sehr groß gewesen, aber auf Dauer ging die Arbeit teilweise über Beckers Kräfte. Am Tag stand er im Geschäft, in der Nacht in der Werkstatt. Aber aufgeben, das kam nicht in Frage. Also wurde seine Frau Agnes - sie hatte Kauffrau im Chemiekombinat Bitterfeld gelernt - Beckers erster Lehrling und so zur unentbehrlichen Hilfe. "Nie haben wir diesen Schritt bereut, obwohl zu dieser dreijährigen Ausbildung oft wochenlange Berufsschulbesuche gehörten", berichtet der 74-Jährige. Um Haushalt und Kinder kümmerten sich dann die Großmütter.

Apropos Mütter: Dass Becker Optiker geworden war, daran hatte seine Mutter keinen unwesentlichen Anteil. Sie fand den Jungen für einen schweren Beruf körperlich viel zu schwach und riet ihm zur Friseur- oder Drogistenlaufbahn. "Das war nicht das, was ich wollte, zumal ich schon früh meine Leidenschaft für astronomische Fernrohre entdeckt hatte", so Becker. Die Jahre als Optikerlehrling waren nicht leicht, zumal in der ersten Zeit heizen, fegen und putzen ganz oben auf dem Tagesplan standen, die Optik war später dran. Viele Geschichten kann Becker nicht nur aus seiner Lehrzeit, sondern auch aus der Zeit der Mangelwirtschaft erzählen. Er erinnert sich an fehlende Materialien, an die Zuteilung von Metallbrillen, lange Wartezeiten, aber auch an den Einfallsreichtum, die Kreativität, wie dem Mangel begegnet wurde. So gelang es ihm, Brillen aus Chrom zu vergolden, indem er sich spezielle Brennlacke, Farbpigmente und Dekorationsspritzpistolen aus verschiedenen Quellen und natürlich mit viel Beziehung besorgte. "Die Leute haben Schlange nach den Brillen gestanden."

Das galt auch für die Sonnenschutzgläser mit den optischen Werten des Kunden. Hierfür bestanden bei Zeiss Wartezeiten bis zu einem halben Jahr. Mit einer Bedampfungsmaschine der Marke Eigenbau aus Ungarn konnte dieses "Monopol" gebrochen werden. Doch wie diese nach Bad Dürrenberg und zum Laufen kam, ist schon eine neue Geschichte.

Über diese kann sein Sohn Stephan heute nur lächeln. Er hat das Geschäft vor zwölf Jahren übernommen. Ist praktisch in den Beruf hineingewachsen, der "so vielseitig und spannend ist", wie Stephan Becker unterstreicht. Deshalb hat er es nie bereut, Optiker geworden zu sein.