60 Jobs in Gefahr 60 Jobs in Gefahr: Kann Alulfolie Merseburg gerettet werden?

Merseburg - Die Serie finanzieller Schieflagen Merseburger Unternehmen reißt nicht ab: Seit vergangener Woche ist bekannt, dass auch das Traditionsunternehmen Merseburger Aluminiumfolie GmbH (AFM) Insolvenz angemeldet hat.
Mehr als 60 Jobs sind womöglich in Gefahr - auch am Mittwoch war noch völlig unklar, wie und ob es überhaupt am Standort in der August-Bebel-Straße weitergehen soll.
„Wir führen jeden Tag Gespräche mit Mitarbeitern und sind ihnen dabei behilflich, jetzt erst einmal Insolvenzgeld zu beantragen, was gar nicht so einfach ist“, sagte Martin Donat, der Betriebsbetreuer bei der Gewerkschaft IG Metall auf Anfrage der Mitteldeutschen Zeitung.
Auch der Gewerkschafter habe noch keine Kenntnis, was auf das Unternehmen und die Beschäftigten in den kommenden Wochen zukommen wird. „Wir und die Mitarbeiter der Alufolie hoffen natürlich, dass die Gesellschafter Verantwortung übernehmen und es hier weitergeht“, erklärte Donat.
Seit Montag ist zudem klar, dass der hallesche Rechtsanwalt Stephan Poppe als vorläufiger Insolvenzverwalter mit dem Fall beschäftigt ist. „Wir haben schon ein kurzes Gespräch über die Situation geführt“, sagte Donat.
„Er ist jetzt aber erst einmal damit beschäftigt, die Bücher des Unternehmens zu sichten.“ Auch Poppe hat die MZ am Mittwoch um eine Stellungnahme gebeten.
Der laut Internetseite seiner Kanzlei auf Insolvenzrecht, Sanierung und Unternehmensnachfolge spezialisierte Jurist war allerdings nicht zu erreichen.
Unklar ist nach wie vor, wie die AFM überhaupt in finanzielle Probleme geraten konnte. Denn wie bislang stets betont wurde, seien die Auftragsbücher des Unternehmens, das Folien für Tablettenfilme, dekorative Anwendungen und flexible Verpackungen herstellt, gut gefüllt. Die Jahresproduktion von rund 8.700 Tonnen schafft es fast siebenmal um die Erde.
Bereits in den 1930er Jahren wurde in Merseburg Aluminium verarbeitet. Ab 1951 wurde mit der Herstellung und Veredelung von unterschiedlich dünnen Folien am Standort begonnen.
Im Vier-Schicht-Betrieb waren zuletzt mehr als 60 Mitarbeiter in Produktion, Instandhaltung, Verpackung, Labor und Verwaltung beschäftigt. Die AFM galt zudem als eines von nur 15 Unternehmen in Europa, die sich der Veredelung von Aluminiumfolie gewidmet haben.
Kompliziert ist die Unternehmensstruktur, die hinter der Merseburger GmbH steht. Wie bereits aus einem Lagebericht für das Geschäftsjahr 2015 hervorgeht, ist die AFM eine 100-prozentige Tochter der im pazifischen Inselstaat Samoa registrierten Mansfelder Metals Ltd.
Diese wiederum gehört zum Mutterkonzern, der Mansfelder Metals Ltd. mit Sitz im US-amerikanischen Delaware. Das Merseburger Unternehmen arbeitete zudem mit der MFC Metal Trading GmbH in Wien zusammen. In diesem Zusammenhang muss der Insolvenzverwalter nun unter anderem klären, welche Rolle eine bereits 2015 geschlossene Vereinbarung mit dem österreichischen Unternehmen bei der nun beantragten Insolvenz spielt.
Demnach wurde damals ein Schuldenbeitritt und die damit verbundene Haftung der AFM gegenüber der Wiener Gesellschaft für Altverbindlichkeiten in Millionenhöhe vereinbart. Der Geschäftsbericht betont jedoch, dass es sich dabei nur um eine Eventualvereinbarung handelt.
Geschäftsführer der Merseburger Alufolie ist seit März 2015 der Serbe Slobodan Andjic. Zuvor war der 73-Jährige bereits bei weiteren Unternehmen aus der Metall- und IT-Branche in Führungsrollen tätig. (mz)