1. MZ.de
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Merseburg
  6. >
  7. 30 Jahre Währungsunion : 30 Jahre Währungsunion : Wie Merseburgerin Nachtschichten für die D-Mark arbeitete

30 Jahre Währungsunion  30 Jahre Währungsunion : Wie Merseburgerin Nachtschichten für die D-Mark arbeitete

Von Undine Freyberg 23.06.2020, 09:55
Sylvia Ehrich ist heute Sparkassen-Filialleiterin in Merseburg-West.
Sylvia Ehrich ist heute Sparkassen-Filialleiterin in Merseburg-West. Katrin Sieler

Merseburg - „Das war eine verrückte Zeit“, erinnert sich Sylvia Ehrich (56) an die Währungsunion im Sommer 1990. Die Schlangen in der Kreissparkasse in der Merseburger Bahnhofstraße (heute Finanzamt) hätten über Wochen angedauert. Elf Schalter habe es dort gegeben, erinnert sich eine ehemalige Kollegin von Sylvia Ehrich. Die Schalterhalle war voll und die Leute standen bis auf die Straße, „Das ging sogar soweit, dass wir abends gegen 20.30 Uhr ans Ende der Schlange auf der Brücke über die Klia gegangen sind und den Leuten gesagt haben, dass sie sich nicht mehr anstellen sollen, weil für heute Schluss ist.“

Sie haben auch noch irgendwo einen Karl Marx rumliegen? Oder erinnern sich noch gut, wie ihre Familie versucht hat, noch ein bisschen Geld auf den Konten der Verwandschaft zu parken, um nicht all zu viel zu verlieren. Schließlich war es hart erarbeitet. Welche Erinnerungen haben Sie an die ersten D-Mark auf Ihrem Konto oder an die langen Schlangen bei der Sparkasse. Beim Warten aufs neue Geld sind doch mit Sicherheit kuriose Dinge passiert.

››Schreiben Sie Ihre Geschichte an [email protected]

Großer Andrang für neue Währung

An manchen Tagen begann dann für Sylvia Ehrich eine Nachtschicht. Ihre Kolleginnen hatten tagsüber die neue D-Mark ausgezahlt oder bis zum 6. Juli noch die Umstellungsanträge für die Konten entgegengenommen. „Ich habe dann nachts mitgeholfen die Belege ins System einzugeben, so dass dann alles auf den Kontoauszügen erscheinen konnte.“

Normalerweise hätte es solche Nachtschichten nicht gegeben, doch die Chefs hatten geahnt, dass der Andrang groß werden würde. Und so wurde Sylvia Ehrich gebeten, tagsüber zuhause zu bleiben und erst nachts zur Arbeit zu kommen.

Sylvia Ehrich hatte am 1. Januar 1988 bei der Kreissparkasse in Merseburg angefangen

Wer damals sein Geld von Ost- in Westmark tauschen wollte, brauchte unbedingt ein eigene Konto - auch Kinder und Ehepartner, die sonst ein gemeinsames Konto hatten. Wer nach dem 1. Juli 1976 geboren wurde, durfte 2.000 Ostmark 1:1 umtauschen. 4.000 Mark waren es für Bürger, die zwischen dem 2. Juli 1931 und dem 1. Juli 1976 geboren wurden, und 6.000 für alle, die vor dem 2. Juli 1931 geboren worden waren.

Alles übrige Geld wurde im Verhältnis 2:1 umgewertet. DDR-Geld konnte noch bis zum 6. Juli 1990 auf das eigene Konto eingezahlt werden. Sylvia Ehrich hatte am 1. Januar 1988 bei der Kreissparkasse in Merseburg angefangen. Gelernt hatte sie eigentlich etwas anderes. „Ich war Elektromonteurin in Lützkendorf“, erzählt sie lächelnd.

Doch eine Freundin hatte ihr von der Arbeit bei der Kreissparkasse vorgeschwärmt. Nach dem Umzug nach Merseburg, der Hochzeit und der Geburt ihrer Tochter war es für Sylvia Ehrich sowieso schwierig, pünktlich um 6.30 Uhr in Lützkendorf anzufangen.

Merseburgerin nahm DDR-Geldkarten entgegen

Also fragte sie bei der Sparkasse nach, hatte ein Personalgespräch und konnte anfangen. Sie kam in die Datenerfassung, wo die Daten zu Kontobewegungen registriert wurden. Spätere war sie für die sogenannten Ehekredite zuständig. Und sie nahm die Anträge für die ersten DDR-Geldkarten entgegen.

„So etwas gab es tatsächlich. Die Leute mussten ein Passbild abgegeben, auf einem kleinen Vordruck unterschreiben und bekamen irgendwann eine laminierte Karte.“ 1993 machte die gebürtige Braunsbedraerin ihren Abschluss als Sparkassenkaufmann, 1996 dann ihren Sparkassenfachwirt. Seit 1998 ist Sylvia Ehrich Filialleiterin und das seit 2001 in der Filiale in Merseburg-West. (mz)

Aus Mark der DDR wurden vor 30 Jahren D-Mark.
Aus Mark der DDR wurden vor 30 Jahren D-Mark.
Katrin Sieler
Jeder wollte schnell die D-Mark haben.
Jeder wollte schnell die D-Mark haben.
Katrin Sieler