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Zwei- und Vier-Takter aus den «alten Zeiten»

Von Raimund Leonhardt 12.07.2007, 15:03

Reppichau/MZ. - Einhundert ambitionierte Trabi-Fahrer hatten zum Teil weite Wege auf sich genommen, um beim 2. Trabant- und IFA-Treffen dabei zu sein. Sie kamen aus der näheren Umgebung von Köthen, aber auch aus Mecklenburg-Vorpommern, Hessen, Thüringen, Sachsen und Nordrhein-Westfalen reisten die Freunde des unverwüstlichen Kleinwagens aus Zwickau an. Neben den Trabanten aller Schattierungen und Baujahre waren auch einige Wartburgs und Wohnwagen aus DDR-Produktion zum Ort des Geschehens gekommen.

Eingeladen hatte der Trabi-Club Dessau, der sich dort im Jahr 2000 gegründet hat. Alles begann 1997 als "lose Vereinigung", die sich beinahe täglich auf einem Parkplatz in der Innenstadt traf. Heute zählt der Verein noch acht Mitglieder, die 20 Fahrzeuge aus der IFA-Produktion besitzen.

Das älteste der 60 Fahrzeuge, die in Reppichau zu bewundern waren, ist ein Trabant P 50, Baujahr 1959, der dem Vereinsvorsitzenden Aicke Bittner gehört. Der jüngste Wagen auf dem Platz ist Eigentum von Rainer Kunze. Er fährt einen 1.1, Baujahr 1992, unter Insidern handelt es sich dabei um einen 444'er.

"Die Motive, sich auch heute noch in einen Trabi zu setzen, sind ganz unterschiedlich", meint Bittner, der neben dem "P 50" auch einen Trabant-Cabriolet besitzt. Das mit Breitreifen und zwei Auspuffrohren bestückte Liebhaberstück in Porsche-Maritimblau stand in Reppichau in der absoluten Gunst der Zuschauer. Verchromte Spiegel, Lampenringe und Stoßstangen blitzten in der Sonne. Da schlagen die Herzen der Trabant-Freunde höher. Es ruft förmlich nach einer Ausfahrt.

"An den Fahrzeugen kann alles verändert werden", geht Bittner deutlich auf Abstand zur Originalgetreue. Entscheidend sei der Geschmack des jeweiligen Eigentümers. "Natürlich kommt es auch darauf an, was TÜV und Dekra zu den Um- und Anbauten sagen", gibt der 34-Jährige eine weitere wichtige Bedingung weiter, die auch jeder Biker oder Tuning-Freund kennt, der an seinem Fahrzeug Veränderungen vornimmt. Der Anteil jener Enthusiasten, die möglichst viel Wert auf den Erhalt des Originalzustandes legen und jener, die "aufmotzen" bis sich die Rohre biegen, halte sich die Waage, meint der Vorsitzende. Das hänge ganz vom jeweiligen Eigentümer ab.

Bittner, als Produktionsleiter in der Pauly Waffel AG in Dessau beschäftigt, fährt seit 1994 Trabant. "Zuerst nur, weil ich in den Besitz eines preiswerten Cabrios gelangen wollte", gibt er unumwunden zu. Mittlerweile sei viel mehr daraus geworden. Schließlich zählt er zu den Gründungsmitgliedern des Vereins.

In Reppichau versammelte sich die Fan-Gilde der kleinen Zwei- und auch Viertakter bereits zum zweiten Mal. "Der Platz ist ideal und wir erhielten viel Unterstützung von der Gemeinde", bedankt sich Bittner auch beim örtlichen Schützenverein, der Freiwilligen Feuerwehr, der Sportgemeinschaft, dem Kindergarten und bei Familie Schlichter von der Sportgaststätte. Sie alle brachten sich ein und sorgten für ein möglichst buntes und abwechslungsreiches Programm.

Bei einer Orientierungsfahrt, einer der Höhepunkte des Treffens, mussten die Teilnehmer in Reppichau und Aken markante Punkte finden und knifflige Fragen beantworten. Zum Beispiel: Wann wurde die Kirchturmuhr zum ersten Mal generalüberholt? Es galt, sich also auch mit der Heimatkunde zu beschäftigen, bevor es los ging. "Es geht bei solchen Fahrten überhaupt nicht um Schnelligkeit", stellt der Vereinsvorsitzende klar, "sondern darum, die richtige Lösung zu finden.

Die beim Treffen übliche Bewertung der Fahrzeuge erfolgt in unterschiedlichen Kategorien. Sie sind unterteilt nach dem Typ, als 500'er, 600'er, 601'er, 1.1'er oder IFA. Dann geht es darum, welcher Wagen den besten Originalzustand aufweist. Es gibt aber auch eine Bewertung der getunten Autos. Schließlich werden auch die offenen Fahrzeuge, Kübelwagen oder Cabrios, extra bewertet.

Die besten drei Wagen in jeder Kategorie und die drei Besten der Orientierungsfahrt erhielten für ihre Leistungen Urkunden. Die Sieger sicherten sich einen Pokal und einen Wimpel mit einem Bild des eigenen Fahrzeugs. Die Gewinner der Clubolympiade wurden mit Präsentkörben in Form eines Trabant-Rades oder eines Trabant-Lenkrades belohnt. In den Körben fanden sich jede Menge Produkte, die den meisten noch aus der DDR bekannt sind.

Ehrenmitglied im Dessauer Trabi-Club ist übrigens auch Oberbürgermeister Klemens Koschig. "Er fährt zwar selber keinen Trabant", erzählt Bittner. "Aber seine Frau fuhr lange einen und das sehr gern." Koschig konnte zwar nicht selbst nach Reppichau kommen. Private Gründe verhinderten das. Aber er stiftete als Oberbürgermeister ebenfalls Auszeichnungen für die Aktiven. Selbiges ließ sich auch Erich Reichert, der Reppichauer Bürgermeister nicht nehmen. Er sah sich die in seinem aufgefahrenen Trabanten mit viel Vergnügen an und übergab seine Preise an die Trabi-Freunde.

Der Trabi-Club Dessau trifft sich immer sonntags ab 19 Uhr im Brauhaus zum Alten Dessauer zu Benzingesprächen.

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