Weihnachtswelt lässt Augen der Kinder leuchten
GÖRZIG/MZ. - Harry Schmidt hat keineswegs etwas dagegen, wenn Neugierige einen Blick auf sein Weihnachtsreich werfen. "Kinder aus dem Dorf stehen hier sehr häufig. Und ich freue mich dann, dass sie ihre Freude an der beleuchteten Pyramide oder dem Schwibbogen haben", erzählt der Görziger. Der 78-Jährige ist Bastler aus Leidenschaft. Nur die Lichterketten oder den Motor für die Pyramide kauft er im Geschäft, ansonsten ist all der Weihnachtsschmuck durch seine geschickten Hände entstanden, worauf er schon ein wenig stolz ist.
Im Keller des Wohnhauses befindet sich Schmidts Reich, das noch von anderen Hobbys, beispielsweise der Aquaristik, kündet. Seit vielen Jahren aber geht es immer Ende November ans Schmücken des Vorgartens, damit zur Vorweihnachtszeit alles schön leuchtet. Und ans Basteln neuer Dinge. "Das soll ja für die Leute nicht langweilig werden", sagt der Rentner.
Zu den jüngeren Exponaten gehört ein hölzerner Nachbau seines Hauses, in dem er seit 1952 lebt und in das nach der Hochzeit im Jahr 1955 auch seine Ehefrau Elisabeth einzog. Das Haus im Maßstab 1:20, eingebettet in einen Schwibbogen, ist natürlich ebenso beleuchtet wie der lustige Elchzug. Das Prachtstück ist aber eine große Pyramide, auf der die Figuren von zwölf Märchen untergebracht wurden und wo man Schneewittchen mit ihren sieben Zwergen oder Dornröschen entdecken kann. "Meine Frau hat früher im Kindergarten gearbeitet. Sie erzählte mir, welche Märchen die Kinder besonders gern haben. Und so ist diese Pyramide entstanden", erklärt Harry Schmidt. Wie viele Stunden er dafür aufgewendet hat, vermag er nicht mehr genau zu sagen. "Bei 800 Stunden habe ich aufgehört zu zählen."
Die Leidenschaft zum Basteln und zum Gestalten des Gartens bekam Harry Schmidt von seinem Vater Hermann mit in die Wiege gelegt. Hermann Schmidt war Gärtner, und diesen Beruf hätte Sohn Harry auch gern ergriffen. Doch der Vater riet ihm davon ab, diese Arbeit sei zu schwer, man habe auch kein Land für eine eigene Gärtnerei.
So lernt Harry Schmidt bei der Eisenbahn, wird Diplom-Ingenieur-Ökonom für Verkehrswesen und arbeitet bis zu seinem Ruhestand bei der Reichsbahndirektion Halle. Die Hobby-Gärtnerei betreibt er nach Feierabend, hat dabei viel Freude und findet darin einen Ausgleich zum Beruf.
Noch eine andere Leidenschaft hat der Görziger. Er schreibt gern Geschichten und Gedichte, hat sich in diesem Jahr auch am Mundart-Wettbewerb des Landesheimatbundes beteiligt. Vieles von dem, was er zu Papier bringt oder auf seinem Computer schreibt, zeugt von der Verbundenheit mit seinem Heimatort Görzig.
"Eigentlich schreibe ich ja nur für mich", verrät er. Trägt dann aber dem neugierigen Reporter doch ein Gedicht in Mundart vor, wo es unter anderem heißt: "Dor Blick in de Fuhne macht mich zufrieden, dor Petersberg is scheener wie de Beskiden".
Zwei Töchter haben die Schmidts groß gezogen. Zwei Enkel und vier Urenkel gehören inzwischen zur Familie. Und ganz familiär wird auch das Weihnachtsfest gefeiert, nicht pompös, sondern "einfach und schlicht", wie Harry Schmidt bemerkt. Heiligabend freilich ist für die Familie noch aus einem anderen Grund ein besonderer Tag.
Enkelsohn Thilo hat an diesem Tag Geburtstag, und so wird sich auch in diesem Jahr wieder die Familie bei ihm einfinden. "Ich bin sein Anwalt und achte immer darauf, dass der Junge auch zweimal beschenkt wird, erst als Geburtskind und dann vom Weihnachtsmann", sagt der Großvater lächelnd. Doch habe es all die Jahre damit nie Probleme gegeben.
Harry Schmidts nächstes Stück zum Schmücken des Vorgartens steht bereits halbfertig im Keller. Es wird eine Pyramide, der er den Namen "Fantasia" geben will. Dieses Mal hat der Hobbybastler eine viereckige Grundform gewählt, die vier oder fünf Etagen bekommen soll. Zwei oder drei Stunden am Tag baut er daran, sägt Holz zurecht, legt die Strippen für die Beleuchtung, klebt bunte Scheiben in die Fenster hinein. "Vielleicht werde ich ja noch bis Weihnachten fertig damit und stelle die Pyramide auf", sagt der Rentner. Dann gäbe es einen weiteren Grund, zur Abendzeit in der Radegaster Straße mal anzuhalten.