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Volkstrauertag in Radegast Volkstrauertag in Radegast: Vereinsmitglieder gedenken der Kriegsopfer

Von Ute Hartling-Lieblang 17.11.2013, 21:09
Das Gedenken am Grabmal für die Opfer des Ersten Weltkrieges in Radegast war mit der Erinnerung an die Völkerschlach bei Leipzig verbunden.
Das Gedenken am Grabmal für die Opfer des Ersten Weltkrieges in Radegast war mit der Erinnerung an die Völkerschlach bei Leipzig verbunden. Rebsch Lizenz

Radegast/MZ - Es ist ein typisch grauer Novembertag, und es ist ungemütlich. Keiner geht bei einem solchen Wetter gern vor die Tür. Doch in Radegast gibt es am 17. November eine langjährige Tradition. Zum 23. Mal trafen sich am vergangenen Sonntag Mitglieder des Heimat- und Trachtenvereins, der Freiwilligen Feuerwehr, des Köthener Sanitätsvereins und Bürger der Stadt Radegast, um am Volkstrauertag den Opfern zweier Weltkriege und des Nationalsozialismus zu gedenken.

Unter ihnen auch der 88-jährige Rudi Meyer, ein gebürtiger Radegaster. Obwohl er schlecht zu Fuß ist, lässt es sich der Rentner nicht nehmen, an der kleinen Gedenkfeier mit Kranzniederlegung teilzunehmen. Ein Kriegskamerad sei in der Normandie gefallen, erzählt er. Meyer selbst geriet mit 2.500 anderen Soldaten in russische Kriegsgefangenschaft, 700 davon blieben auf einem Friedhof im Donezk-Gebiet. Ihnen gedenkt er vor allem an diesem grauen 17. November.

An den sieben Kriegsgräbern und verschiedenen Einzelgräbern auf dem Radegaster Friedhof brennen an diesem Vormittag Fackeln. Maria Hellmich, die sich seit vielen Jahren um die Kriegsgräber kümmert, hat sie für diesen Tag besonders würdevoll hergerichtet. Ortsbürgermeister Michael Graf und Kameraden der Feuerwehr legen schweigend Kränze nieder.

Völkerschlacht im Mittelpunkt

Raymond Schulz, Vorsitzender des Sanitätsvereins, hat in den Mittelpunkt seiner Gedenkrede in diesem Jahr den 200. Jahrestag der Völkerschlacht gestellt. Er beginnt mit dem Gedicht eines unbekannten Soldaten, der die Gefühle Tausender ausdrückt, die mit ihm in diese blutige Schlacht zogen. Es sind Zeilen einer tiefen Friedensliebe. Um diese Schlacht, die sich „unmittelbar vor unserer Haustür, in Leipzig“, abgespielt hat, komme man an einem solchen Tag nicht umhin, betont Schulz. „Was haben Menschen in den letzten 200 Jahren dazugelernt?“, fragt er.

Immer neue Waffen würden entwickelt und auch Deutschland mische beim Verkauf mit. Waffen haben etwas Bedrohliches. Aber es gebe auch Hoffnung. Denn wo 1813 die Kriegsfeuer brannten, brennen heute Friedensfeuer. Stolz sind Schulz und seine Mitstreiter auf einen kleinen Gedenkstein, den der Sanitätsverein erhielt, weil er sich mit dafür einsetzte, dass die Kirchenglocken in der kleinen Holzdorfer Kirche, die in der Völkerschlacht zerstört und in Österreich neu gegossen wurden, wieder erklingen können. Auf dem Gedenkstein steht der Spruch „Schwerter zu Pflugscharen.“ Wenn man den beherzigen würde, meint Schulz, müsse in Zukunft niemand mehr um gefallene Soldaten trauern.

Wie wichtig gelebtes Brauchtum ist, machte der Redner am Beispiel des Radegaster Heimat- und Trachtenvereins deutlich. Dessen Vorsitzenden Werner Hellmich würdigte er mit der Ehrenauszeichnung „Ruf von Solferino“, die an die Entscheidungsschlacht im Sardinischen Krieg von 1859 erinnert. Traditionspflege, der Erhalt sozialer Bindungen, der Zusammenhalt in der Gesellschaft, das seien Grundlagen dafür, dass Hass zwischen Menschen nicht aufkeimen könne, dass Gewalt und Extremismus keinen Nährboden finden, mahnte Schulz.

Werner Hellmich (l.), Vorsitzender des Heimat-und Trachtenvereins Radegast, erhält die Ehrenauszeichnung „Ruf von Solferino“ von Raymond Schulz.
Werner Hellmich (l.), Vorsitzender des Heimat-und Trachtenvereins Radegast, erhält die Ehrenauszeichnung „Ruf von Solferino“ von Raymond Schulz.
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