Vier-Tage-Woche in Köthen: Ein Modell mit Perspektive?
Die Vier-Tage-Woche kann Studien zufolge Mitarbeiter glücklicher, gesünder und auch produktiver machen. Arbeitgeber in Köthen haben aber noch ihre Bedenken.
Köthen/MZ. - Bei der Frage, wie sich Arbeit in Zukunft gestalten lässt, gibt es ein heiß diskutiertes Thema: die Vier-Tage-Woche. Nicht nur international, sondern auch in Deutschland wurden bereits verschiedene Modellversuche unternommen. Das Konzept lässt sich dabei in zwei Varianten aufteilen. Bei der ersten erledigt der Arbeitnehmer sein Pensum an vier Tagen, muss aber weiterhin 40 Stunden in der Woche ableisten. Bei der zweiten Variante wird ein Tag weniger gearbeitet und die Arbeitstage bleiben gleich lang. Die Lohngestaltung seitens des Arbeitgebers kann dabei unterschiedlich gestaltet werden.
20 Prozent Gehaltserhöhung?
Vier Tage arbeiten und drei Tage frei. Das klingt für viele Arbeitnehmer wohl verlockend. Köthener Arbeitgeber äußern allerdings Bedenken, wenn es um die Einführung des innovativen Arbeitsmodells geht: „Eine Reduzierung der Arbeitstage würde de facto eine Gehaltserhöhung um 20 Prozent bedeuten. Das muss man sich in schwierigeren wirtschaftlichen Zeiten erst einmal leisten können,“ rechnet Marcus Hendel vor.
Der Personalleiter des Technologieunternehmens Unite erklärt zudem, dass sich das Modell in bestimmten Tätigkeitsbereichen, wie beispielsweise dem Kundenservice, nur äußerst schwierig umsetzen lässt. An anderer Stelle sieht der 47-Jährige hingegen Chancen. Im kreativen Bereich zum Beispiel, wo mehr Flexibilität möglicherweise die Produktivität steigern könne, sei es grundsätzlich vorstellbar.
Ausgewogenes Verhältnis muss gewahrt werden
„Früher, bis in die 1950er-Jahre, gab es noch eine Sechs-Tage-Woche. Arbeitsmodelle verändern sich mit der Zeit. So wird es sicherlich auch in Zukunft sein. Dessen sind wir uns bewusst. Es muss aber immer ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Wirtschaftlichkeit und Fairness geben“, erklärt Hendel. Der Personalleiter weist außerdem darauf hin, dass es ein Missverständnis sei, zu glauben, dass die Vier-Tage-Woche zwangsläufig einen freien Montag oder Freitag bedeute. Vielmehr gehe es um die Flexibilisierung der Arbeitszeiten im Einklang mit den individuellen Bedürfnissen der Mitarbeiter und deren Familien.
Etwas in der Art würde Unite manchen Mitarbeitern schon jetzt ermöglichen, unter anderem durch Home Office. Ein Angebot, das vor allem die jüngere Generation in Anspruch nehme. Trotz dieser Entwicklung sei die Nachfrage nach einer Vier-Tage-Woche in der Belegschaft bislang kaum vorhanden.
Das Modell ist kaum vertreten
Elena Herzl, Geschäftsführerin der Entwicklungs- und Wirtschaftsförderungsgesellschaft Anhalt-Bitterfeld, teilt Hendels Zurückhaltung und äußert sich ablehnend zu einer allgemeinen Einführung der Vier-Tage-Woche: „Ich halte nicht viel davon. Wir haben einen massiven Fachkräftemangel und reden gleichzeitig über die Reduzierung der Arbeitszeit.“ Das mache sie stutzig. Für Herzl gibt es zudem nur wenige Bereiche, in denen eine Verkürzung der Arbeitszeit tatsächlich zu einer Produktivitätssteigerung führe.
Zudem sieht die Geschäftsführerin noch ein weiteres Problem: „Wenn manche Mitarbeiter die Vier-Tage-Woche nutzen dürfen und andere nicht, kann das zu Unzufriedenheit in der Belegschaft führen“, macht sie deutlich. In der hiesigen Produktionsindustrie finde die Vier-Tage-Woche aus diesen Gründen bislang kaum Anwendung.Ob es dennoch ein Konzept sei, das am künftigen Arbeitsmarkt seinen Platz findet? „Schwer zu sagen. Den Gesprächen mit Unternehmern aus der Region zufolge ist davon erstmal nicht auszugehen“, so Elena Herzl.