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Viel Phantasie in Prosa und Poesie

Von MATTHIAS BARTL 13.09.2009, 16:45

KÖTHEN/MZ. - Man musste schon ein wenig Ausdauer mitbringen an diesem Samstagabend. Der Zeitplan, den die Neue Fruchtbringende Gesellschaft (NFG) für ihren Tag der deutschen Sprache entworfen hatte, erwies sich alsbald als Makulatur, und so konnte die angekündigte Rede zur deutschen Sprache, gehalten von Prof. Dr. Kurt Reinschke, Technische Universität Dresden, zum Thema "Sprache und kulturelle Identität", erst beginnen, als laut Marschtabelle eigentlich schon Schluss sein sollte.

377 Beiträge, 340 junge Talente

Andererseits musste man den im Spiegelsaal verbrachten Samstag-Stunden keinesfalls nachtrauern. Schließlich kam man dabei in den Genuss, die Texte der 13 Preisträger des diesjährigen Schreibwettbewerbs "Schöne deutsche Sprache" vorgetragen zu bekommen. "Mein schönstes Spracherlebnis" hatten die NFG und die Theo-Münch-Stiftung für die Deutsche Sprache als roten Faden für den Wettbewerb vorgegeben, und Sabine Brzezek, Lehrerin und Vorsitzende des Preisgerichts, konnte dem Auditorium mitteilen, dass der Wettbewerb auch in diesem Jahr wieder ein Erfolg geworden war. Nicht nur, dass sich 340 Talente mit insgesamt 377 Beiträgen um Sieg und Platz im Wettbewerb bewarben, nicht nur, dass sie aus fast allen Bundesländern und erstmals aus dem Ausland kamen, auch die Qualität der abgegebenen Texte war von hohen Graden: Brzezek würdigte beeindruckende Kreativität und Originalität ebenso wie die gebotene thematische Vielfalt.

Dass dies kein Gefälligkeitsgutachten war, bestätigte sich bei den Lesungen. Letzten Endes erwiesen sich alle Preisträger-Beiträge, unabhängig von der subjektiven Bewertung, als des Hörens und des Lesens wert. Besondere Freude konnte man dabei an dem kleinen, aber feinen Text von Alruna Kubitschek haben. Zum einen ist das Mädchen aus Albersroda im südlichen Saalekreis erst acht Jahre alt und zum anderen bot es in einem Text ohne viel Schnörkel ein unterhaltsames Beispiel für Sprachwitz, der sich aus akustischer Verwechslung ergibt. Eine "geradeaus" erzählte Geschichte, die nicht mit einer Lehre, sondern mit einer Pointe endet - das gibt es nicht alle Tage. Und umso erfreuter durfte man darüber sein, dass auch Belana Homann aus Köthen die Vieldeutigkeit von Wörtern zum phantasievollen Gegenstand ihres Spracherlebnis-Textes gemacht hatte, und dass Florenz Uhlenbrock aus Steinatal in Hessen ein ganz außergewöhnliches heiteres Spracherlebnis mit seiner der Sprache eigentlich noch unkundigen kleinen Schwester in Gedichtform gegossen hat.

Die Vorträge dürfte Prof. Hans-Manfred Niedetzky darin bestärkt haben, dass der radikale Richtungswechsel, den die Düsseldorfer Theo-Münch-Stiftung vor einigen Jahren vollzogen hat, richtig gewesen ist. Bis dahin, so Stiftungschef Niedetzky, habe man etablierte Sprachpfleger gefördert, seitdem setzt man die Stiftungsmittel für die Förderung der Sprachpflege unter Kindern und Jugendlichen ein. "Die Jugend", so Niedetzky, "ist auch sprachlich gesehen unsere Zukunft."

2010 wird fabelhaft

Womit der Blick schon auf das nächste Jahr gerichtet werden kann. Auch 2010 werde es einen Sprachwettbewerb geben, kündigte die NFG-Vorsitzende, Prof. Dr. Uta Seewald-Heg, an. Der soll dann in der Erbfolge der Grimm und Bechstein und Musäus stehen - dann wird es im Wettbewerb "Märchenhaft, sagenhaft, fabelhaft".

Und falls der NFG mal die Kandidaten für die große Rede zur Sprache ausgehen sollten - Kultusminister Jan-Hendrik Olbertz wäre dafür bestens geeignet. Schon deshalb, weil der promovierte Erziehungswissenschaftler so seine Schwierigkeiten mit der grassierenden Verhunzung der Sprache in Verwaltung, Politik und Alltag hat und dies in Köthen drastisch und humorvoll zugleich kundtat. Und auch deutlich machte, dass er Schludrigkeits-Attacken auf die deutsche Sprache zu ahnden pflegt: "Ein Oberlehrer wie ich verbessert das grundsätzlich." Dafür gab es im Köthener Spiegelsaal einen Extrabeifall.

Die diesjährigen Preisträger des Schreibwettbewerbs "Schöne deutsche Sprache":

3. / 4. Klasse: 1. Belana Homann, Evangelische Grundschule Köthen, 2. Alruna Kubitschek, Grundschule Barnstädt, 3. Anna-Catharina Wilke, Evangelische Grundschule Köthen.

5. / 6. Klasse: 1. Florenz Uhlenbrock, Melanchthon-Schule Steinatal, 2. Kristina Haller, Jugendkunstschule Berlin, Undine Schenke, Gymnasium Querfurt.

7.-9.Klasse. 1. Jessica Schlauer, Elly-Heuss-Schule Wiesbaden, 2. Thekla Hamm, Kaiser-Karls-Gymnasium Aachen, 3. Birka Wolff, Offene Schule Waldau / Kassel.

10.-13. Klasse: 1. Dara Brexendorf, Gymnasium Heikendorf, 2. Katharina Kalinowski, Gymnasium Heikendorf, 3. Robin Schicha, HEBO-Schule Mönchengladbach.

Der Sonderpreis des Oberbürgermeisters ging an Merlin Hodzhova aus Schumen in Bulgarien. Einen Ehrenpreis mit Unterstützung durch die Bürgerstiftung der Kreissparkasse Anhalt-Bitterfeld erhielt die Klasse 3b der Oberlinschule Volmarstein (Wetter / Ruhr) für das Projekt "Von Goethe bis Guggenmoss - Kinder spielen mit Gedichten".