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Veranstaltungszentrum Veranstaltungszentrum: Knollennase bei Bach

Von matthias bartl 14.10.2013, 19:58
Stefan Masur alias Le Comte Vivaldi lässt ein Besucher-Quartett beim Aufblasen von Ballontieren verzweifeln - zur Freude des Saales.
Stefan Masur alias Le Comte Vivaldi lässt ein Besucher-Quartett beim Aufblasen von Ballontieren verzweifeln - zur Freude des Saales. Heiko Rebsch Lizenz

köthen/MZ - Es gibt Bühnenrollen, die dürfen als tragend und schwer gelten, selbst wenn der Akteur keinen Text zu sprechen oder kein Lied zu singen hat. Leon Lorenz hatte am Sonntag eine solche Rolle: Lorenz verkörperte in dem in der Köthener Bach-Zeit spielenden Singspiel „Dobo und das verschwundene Cello“ den Dobo - und war zu diesem Zweck in ein dickgepolstertes Gewand gesteckt worden und über Leons Kopf war ein überdimensionierter Dobo-Kopf gestülpt worden. Kein Wunder also, dass Leon Lorenz das Bühnenfinale auch deswegen besonders genoss, weil er endlich den Kopf vom Kopf bekam und wieder frei atmen konnte - den Beifall des Publikums hatte er ohnedies gewiss.

Wie es generell berechtigten Beifall für alle Teilnehmer des Stücks gab: die singenden Mädchen des Horts der Naumannschule samt Hortleiterin Katrin Bogda, der Floh Flohrian, dargestellt von Jakob Fischer, Christian Ratzel als Bach, Magdalena Wachter aus Leipzig am Cello (dem nicht verschwundenen Cello, versteht sich), und nicht zu vergessen der Comte de Vivaldi alias Stefan Masur, der den Köhenern aus „La Cour“ und aus „Les Saltimbanques“ bestens bekannt ist und der auch dem Dobo-Singspiel seine spezielle Note als Artist und Komödiant ausdrückte. Und erwähnt werden müssen an dieser Stelle natürlich auch die Väter von Figur, Text und Musik, also Stefan Fischer, KKM-Chef und Singspieltexter Michael Schuster sowie Komponist Uli Schwinge, die überhaupt erst den Rahmen schufen, in dem sich der Dobo in der Köthener Bach-Zeit bewegen konnte.

Beste Voraussetzungen

„Dobo und das verschwundene Cello“ ist der zweite Teil der Dobo-Serie. Katrin Bogda hatte ihn gelesen und ging anschließend mit einer Idee schwanger: Das könnte man sich gut mit Musik vorstellen. Eine nicht weiter verwunderliche Schlussfolgerung, denn die Hortleiterin ist seit vielen Jahren auch als Sängerin samt Band unterwegs und betreibt außerdem an ihrem Hort eine Arbeitsgemeinschaft Musik - beste Voraussetzungen also, die knollennasige Comic-Figur Dobo auf die Ebene einer musikalisch unterfütterten Bühnenrolle zu heben.

Der Premierensonntag hatte für die Mädchen des Naumannschulhortes und alle anderen Mitwirkenden früh angefangen. 10 Uhr war Treffpunkt im Veranstaltungszentrum, dann wurde das Ganze noch mal geprobt, und um 13 Uhr fand die Generalprobe im Kostüm statt. Je näher dann der eigentliche Auftrittstermin um 16 Uhr rückte, umso unruhiger wurden die jungen Sängerinnen (allesamt 3. Klasse, bis auf zwei Fünftklässlerinnen, die schon am Ludwigsgymnasium sind). Katrin Bogda hatte alle Hände voll zu tun, den aufgeregten 16 Mädchen, die wie Gummibälle durch den Friedemann-Bach-Saal sprangen, die Nervosität zu nehmen.

Von der aber auf der Bühne nicht mehr zu erkennen war. Dort sangen sie, nachdem Dobos Zaubertuch und Zauberspruch „Samduli Bambuli“ das Startsignal gegeben hatten, ihre Lieder mit allergrößte Ruhe. Geboten wurde viel Abwechslung, die sich am roten Faden eines verschwundenen Cellos entlanghangelte, das Johann Sebastian Bach schon lange erwartet hatte, auch angekommen war, aber plötzlich nicht aufgefunden werden konnte. Weil nämlich der hochfürstliche Geiger Emilio Basta das Cello - nun ja - entführt hatte, um sich damit selbst tiefer in die Gunst des Fürsten zu fiedeln. Basta wird zurechtgestaucht, anschließend wird ihm verziehen und alles ist wieder im Lot. Dobo kann („Samduli Bambuli“) in eine andere Zeit entschwinden.

Erzählung aus dem Hintergrund

Das Singspiel funktionierte mit der ausgemacht kleinen Bühnenbesetzung auch nur deshalb, weil per Beamer Zeichnungen aus dem Dobo-Heft an die Bühnenwand projiziert wurden, und MDR-Sachsen-Anhalt-Sprecher Stefan Michme dazu den Text aus dem Off lieferte. Damit blieb man auch dann in der Geschichte, wenn diese gar nicht auf der Bühne dargestellt wurde.

Schwierig war es nur, während dieser Erzählminuten die Kinder im Saal bei der Stange zu halten - aber auch das gelang fast durchgängig. Und wenn Dobo , Flo(h)rian oder gar der Comte de Vivaldi erschienen, war Beifall und Jubel quasi garantiert.

Zu schade nur, dass das Singspiel nicht regelmäßig auf die Bühne gebracht werden kann. Es gab die Premiere am Sonntag und am Montag noch eine Vorstellung für Schüler aus Zörbig, Löberitz und Köthen. Danach ist erst einmal Schluss. „Wenn sich Schulen finden, die auch so eine Vorstellung erleben wollen, können wir das Stück aber jederzeit reaktivieren“, sagt KKM-Chef Michael Schuster. Natürlich nicht von jetzt auf gleich, eine längere Vorlaufzeit, um alle Protagonisten wieder zu vereinen, ist dazu schon notwendig. „Ein Vierteljahr würden wir für einen neuen Termin brauchen“, schätzt Schuster. Auf die Bereitschaft der Akteure kann er aber seiner Meinung nach felsenfest bauen: „Das hat allen Spaß gemacht.“

Chic für die Bühne: Katrin Bogda sorgt für den letzten Frisuren-Schliff bei den singenden Hortmädchen aus der Naumannschule.
Chic für die Bühne: Katrin Bogda sorgt für den letzten Frisuren-Schliff bei den singenden Hortmädchen aus der Naumannschule.
Heiko Rebsch Lizenz