Unterwegs mit Rute und Geschenkesack
Köthen/MZ. - Die Kluft für den Abend ist aber schon in Reichweite und für neugierige Journalisten ist Gerhard Falke aus Köthen gern bereit, vorzuführen, wie schnell es geht, dass man sich in die wichtigste Person des Abends verwandeln kann.
Die wichtigste Person für die Kinder in drei Familien in Köthen, Großbadegast und Weißandt-Gölzau, wo Falke pünktlich zur Bescherung als Weihnachtsmann auftauchen wird. Mit Bart und Mütze, Rute und Geschenkesack. Gerhard Falke ist einer der Weihnachtsmänner, die über die Agentur für Arbeit vermittelt werden.
"Vor ein paar Jahren habe ich gelesen, dass die Agentur Leute sucht, die als Weihnachtsmann auftreten wollen", erinnert sich Gerhard Falke an die Anfänge seiner sehr saisonalen Nebentätigkeit. Drei Jahre mache er das jetzt bestimmt schon - abgesehen davon, dass er früher bei den eigenen Kindern und in der Verwandtschaft den Weihnachtsmann gemimt hat. "Aber die Kinder sind ja schon lange groß", sagt Falke.
Der sich noch gut an seinen ersten Auftritt in Diensten der Agentur erinnert. "Das war in Fraßdorf im Gemeindezentrum vor etwa 200 Kindern." Man hatte ihn mit der Kutsche am Dorfeingang abgeholt und mit allen Ehren zum "Arbeitsplatz" gefahren. "Ich hatte erst gedacht: Mensch, du wirst ganz schön aufgeregt sein, aber es war gar nicht schlimm. Vielleicht", sagt Gerad Falke und grinst, "weil ich verkleidet war und mich ja eh keiner erkannt hätte."
Inzwischen hat Falke auch als Weihnachtsmann einige Erfahrung. Nicht zuletzt deshalb, weil die Nachfrage durchaus ansehnlich ist. Im Vorjahr hatte der Mann im roten Mantel gleich mal acht Einsätze am Heiligabend, "da war ich erst um halb neun abends wieder zu Hause". In diesem Jahr standen drei auf der Liste, womöglich aber auch deshalb, weil sich Gerhard Falke erst ziemlich spät wieder entschieden hatte, die Weihnachtsmanntour mitzumachen.
Böse ist er deswegen nicht. Immerhin ist das Ganze für ihn nicht ganz stressfrei. Zum Beispiel darf man nichts durcheinander bringen, was die Namen der Kinder angeht oder auch deren "Schandtaten", die der Weihnachtsmann - von den Eltern gründlich informiert - pädagogisch geschickt anzuprangern hat, auf das das Kind sich im nächsten Jahr bessere. "Ich habe immer einen kleinen Spickzettel dabei", erläutert Gerhard Falke, "auf dem alles Wichtige vermerkt ist." Die Geschenke für die Kleinen werden natürlich erst vor Ort von den Eltern an den Weihnachtsmann übergeben und in den Sack expediert.
Freilich: Seine richtige Wirkung entfaltet der Weihnachtsmann eigentlich nur bei kleineren Kindern, weiß Gerhard Falke, der selbst als Hausmeister in einer Köthener Kindertagesstätte arbeitet. "So mit acht, neun Jahren ist das vorbei, da fangen sie dann an, die Augen zu verdrehen." Die Kleinen aber, "die haben noch Phantasie". Und glauben noch dran, wenn ihnen der Weihnachtsmann im Brustton der Überzeugung mitteilt, dass er sie das ganze Jahr lang durch sein Fernrohr beobachtet hat.
Letzteres gehört eigentlich nicht zur Ausstattung des Weihnachtsmannes. Anderes schon und dafür sorgt in der Regel die Agentur. Allerdings habe er in diesem Jahr anders als sonst keinen Bart gestellt bekommen, sagt Falke. Der sich deshalb selbst eine Mütze samt angenähten Bart besorgt hat. Der Mantel kommt von der Agentur und macht schon was her, "anders als der alte Bademantel, den ich ganz früher als Weihnachtsmann getragen habe", erinnert sich Falke an seine privaten Auftritte an Heiligen Abend. Einen Strick um den Bauch, ein Respekt einflößendes Rutenbündel - fertig ist Knecht Ruprecht.
Der bei seinen Auftritten auch schon den Nikolaus im Gefolge dabei hatte. Dieses Jahr allerdings auf seinen Gehilfen, der zur Freude des Bescherten Weihnachtslieder zur Gitarre vortrug, verzichten musste: "Er hat in diesem Jahr keine Zeit gehabt, da er in eine neue Wohnung umgezogen ist."
Private Weihnachtsvergnügen muss Falke auf den frühen Abend schieben. Dann ist Zeit zum Zusammensitzen mit seiner Lebensgefährtin Monika Reinsdorf. Dann kommt auch der Kartoffelsalat auf den Tisch, warm, mit Speck angemacht, dazu Weißwürstchen, ein Verdauungsschnaps, und die Musikanlage wird Weihnachtslieder spielen. Und dann ist auch Bescherung für "Mausi", den Hund des Weihnachtsmannes. Und Gerhard Falke schwört Stein und Bein, dass "Mausi" ganz genau weiß, wenn es soweit ist, dass der Weihnachtsmann auch für kleine Hunde ein Geschenk auf den Gabentisch legt. Am Heiligen Abend ist schließlich alles möglich.