Tod auf dem Heimweg Unfall bei Baasdorf: Die Familie des 68-jährigen sucht nach Antworten

Köthen - „Wir alle haben den Tod noch nicht verwunden.“ Das schreibt eine aus Köthen stammende und jetzt in Salzburg lebende Rechtsanwältin in einer E-Mail an die MZ.
Sie geht darin auf den 16. Juli 2016 ein. Für ihre Familie wurde dieser Sonnabend zu einem rabenschwarzen Tag.
Tödlicher Unfall auf dem Nachhauseweg
Der Vater der Anwältin kam in den frühen Morgenstunden bei einem Verkehrsunfall kurz hinter Baasdorf ums Leben. Er war Mitarbeiter einer Köthener Speditionsfirma, hatte seine Arbeit gerade beendet und war auf dem Nachhauseweg in Richtung Köthen.
Ein paar Meter hinter dem Ortsausgang von Baasdorf passierte das Unfassbare: Der 68-Jährige fuhr mit dem Kleintransporter auf einen Grubber auf, der von einem Traktor gezogen wurde. Mit verheerenden Folgen: Der Grubber bohrte sich in den Motorraum des Mercedes, durch die Fliehkräfte wurden sowohl der Kleintransporter als auch der Traktor auf die Seite bzw. das Dach gelegt.
Der Fahrer des Kleintransporters rutschte aus seinem Wagen und wurde zwischen Straße und Fahrzeug eingeklemmt. Ihm konnte nicht mehr geholfen werden.
Rätseln um die Unfallursache
Die Familie versucht seither zu verstehen, wie das Unglück passieren konnte. Die Salzburgerin hat mit Polizisten geredet, sich den Unfallort angeschaut. Dass ihr Vater zu schnell gefahren ist, wie es in der Zeitung zu lesen war, glaubt sie nicht.
„Er hätte dort 100 km/h fahren dürfen. Und schneller hätte der schwere Transporter ohnehin technisch nicht fahren können“, meint sie. Ihr Vater sei in keiner Weise fahruntüchtig gewesen. „Die Obduktion hat keine Auffälligkeiten ergeben. Er war zum Unfallzeitpunkt wach, gesund und stand nicht unter Alkohol- oder Medikamenteneinfluss.“
Eine unbeleuchtete Landwirtschaftsmaschine
Die unbeleuchtete Landwirtschaftsmaschine ist ihrem Vater zum Verhängnis geworden. Das Gespann sei mit sehr geringer Geschwindigkeit in der Dunkelheit auf dem Weg zum Feld gewesen. Der Grubber sei weder beleuchtet noch vorschriftsmäßig beschildert gewesen.
„Er wies noch nicht einmal eine Beleuchtung auf, die hätte eingeschaltet werden können“, berichtet die Frau. Der Grubber habe zudem alle Leuchten des Traktors bedeckt. „Und der Grubber war vorschriftswidrig herabgestellt, so dass eine besonders gefährliche Situation entstand. Jeder Besenstil, der auch nur bei Tageslicht 30 Zentimeter aus dem Kofferraum herausragt, muss bewimpelt und gesichert werden“, äußert die promovierte Juristin.
Kein Autofahrer hätte in dieser Situation eine Chance gehabt, ist sie überzeugt. Ihr Fazit: „Diese nächtlichen Einsätze der Landwirtschaftsmaschinen mit unqualifiziertem Personal und ungeeignetem Gerät für Straßen stellen eine tödliche Gefahr dar, die unterschätzt wird.“
Ermittlungen wegen fahrlässiger Tötung
Gefahren wurde der Traktor von einem 18-jährigen Saisonarbeiter aus Polen. Gegen ihn läuft ein Ermittlungsverfahren wegen fahrlässiger Tötung. Auch ein Gutachten befindet sich in Bearbeitung, um die Hintergründe dieses tragischen Unglücks zu erhellen. Dann wird sich zeigen, ob die kritischen Punkte, die die Tochter angeführt hat, so auch zutreffen.
Zum Thema Geschwindigkeit beispielsweise hat die Polizei eine andere Auffassung. „Das Tempo spielt aus unserer Sicht schon eine Rolle. Der Transporter war zügig unterwegs. Sonst hätten nicht solche Kräfte gewirkt“, teilte ein Polizeisprecher auf MZ-Anfrage mit.
Enkelin wartete vergebens
Der Grubber habe keine Beleuchtung besessen, dafür aber zwei rotweiße Markierungstafeln. Die könnten möglicherweise das Rücklicht des Traktors verdeckt haben. Zudem soll auf dem Traktor eine gelbe Rund-umleuchte in Betrieb gewesen sein. Doch es gebe keine Zeugen, die das bestätigen könnten. Die Rundumleuchte sei beim Umstürzen des Traktors zerstört worden.
Der 16. Juli 2016, er sollte ein schöner Tag werden. Die Enkeltochter des Unfallopfers war gerade zu Besuch bei den Großeltern, hatte einen Tag zuvor ihren 13. Geburtstag gefeiert.
Nun wollte sie am Samstagnachmittag mit dem Opa ein Vogelhäuschen bauen. Doch das Mädchen wartete vergebens. Ihr Großvater wurde am 9. September im Friedwald Wörlitz zur letzten Ruhe gebettet. (mz)