Umgestürzte Linde reißt Lücke in Zaun Umgestürzte Linde reißt Lücke in Zaun: Damwildherde im Tierpark Köthen kann entkommen

Köthen - Kurz vor 14 Uhr verstummt die Kettensäge. Und man hört stattdessen die Stimme von Alexander Ott. „Achtung“, ruft der Mann, der im Grünflächenamt der Stadt Köthen seit Jahren immer dann in Aktion tritt, wenn es darum geht, Bäume zu fällen oder auszulichten.
Auch an diesem Montag hat Ott die Säge ansetzen müssen: Direkt neben einem Weg in der Fasanerie, der am Tierpark vorbeiführt, hatte Sturm „Yulia“ am Sonntagabend eine Linde auf den Zaun des Damwild-Geheges stürzen lassen und deren Wurzelteller hatte wiederum eine weitere Linde derart aus der Vertikalen gekippt, dass Köthens Umweltamtsleiter Oliver Reinke am Montagvormittag nach Begutachtung des Baums die Entscheidung traf, diesen aus Gründen der Verkehrssicherheit zu fällen. „Man kann gut sehen, dass die Wurzel schon entlang der Faser gerissen ist“, sagt Tierparkchef Michael Engelmann.
18 Stück Damwild konnten in die Fasanerie entkommen
Für Engelmann war „Yulia“ schlimmer gewesen als Sturm „Sabine“ einige Wochen zuvor. „Wobei wir in der letzten Zeit bei jedem Sturm etwas abbekommen haben“, hadert Engelmann mit den speziellen Auswirkungen des Wetters auf die Einrichtung am Rand der Fasanerie. „Wir waren natürlich gewarnt“, sagt Engelmann. Allerdings habe man als besondere Sicherheitsmaßnahme lediglich die Tiger „richtig eingesperrt, also in das Innenhaus“. Mit anderen Maßnahmen unterliege man sowieso dem Zufall: „Sperrt man die Tiere in den Stall, fällt ein Baum aufs Dach - lassen wir sie draußen, dann passiert in der Außenanlage etwas.“
So wie diesmal: Die Linde zerstörte ein Zaunfeld völlig, wodurch 18 Stück Damwild in die Fasanerie entkommen konnten. „Wir hatten kurz zuvor noch eine Kontrollrunde gedreht und wurden etwa eine halbe Stunde später per Anruf darüber informiert, dass unser Damwild draußen ist.“ Der Anrufer sei ein Mann gewesen, der wohl in der Nähe seinen Garten habe und dort nach dem rechten sehen wollte. „Dabei hat er den Schaden am Zaun bemerkt und uns mitgeteilt, dass unser Damwild auf der Hundewiese steht.“
„In den nächsten Jahren fällt hier bestimmt noch einiges um“
Insofern sei es ein glücklicher Umstand gewesen, dass es schon dunkel war, als der Baum den Zaun zerstörte. Im Hellen hätte das Damwild vielleicht das Weite gesucht, „aber im Dunklen haben sie sich nicht weg getraut“. Sondern sind stattdessen langsam wieder zum Gehege zurückgelaufen. „Wir haben den Tieren dann den Rückweg mit einem Auto verstellt und sie mit dem Fernlicht geblendet“, beschreibt Engelmann die Einfangaktion, „so dass sie dann durch eine von uns extra geöffnete Stelle im Zaun wieder ins Gehege zurückgegangen sind“.
Auch die geflickte Stelle wurde noch einmal geöffnet, weil eine einzelne, „versprengte“ Damwildkuh genau dort wieder zurück wollte. „Jetzt fehlt uns nur noch ein Tier“, sagt Engelmann am Montagmittag. Auch wenn das Weibchen etwas scheu sei, sei er doch optimistisch, „dass wir sie wieder im Gehege haben, bevor sie ihr Junges setzt“ - die flüchtige Kuh ist trächtig.
Der Wind am Sonntagabend, so sagt „Sturmjäger“ Thomas Gahler, habe in der Spitze stolze 89 km/h erreicht. „Das waren zwei Böen, die es also auf Windstärke 10 gebracht haben.“ So etwas kann sich jederzeit wiederholen, weiß Engelmann, der deswegen auch sorgenvoll auf die vielen großen Bäume im Tierpark schaut: „In den nächsten Jahren fällt hier bestimmt noch einiges um“, ahnt er. (mz)
