Trotz Corona-Krise Trotz Corona-Krise: Musikschule Köthen versucht weiter Kontakt zu Schülern zu halten

Köthen - Die Paukistin soll schon einmal die Paganini-Sonate einstudieren. Die Pink Panther-Einspielung ist für Saxophon-Schülerin Claudia zum Üben gedacht. Der langsame Ludwig genau das Richtige für die Streicherklasse. Und dass dabei der tiefe zweite Finger ganz eng beim ersten steht - das versteht sich eben nicht von selbst. Probenroutine an der Musikschule Johann Sebastian Bach in Köthen in Zeiten, in denen nicht geprobt werden kann, zumindest nicht in einem Raum.
Eine schwierige Situation für Andreas Hardelt, den Leiter des Hauses. Doch bisher, so seine Einschätzung, sei man kreativ und mit Ideen durch die Krise gekommen. Für ihn ist der ständige Kontakt zum Musikschüler maßgeblich. Damit der nicht die Lust am Spiel verliert. Und seine Lehrer, von denen etliche freiberuflich unterwegs sind, nicht ihre wirtschaftliche Existenz.
Von jetzt auf gleich sind nicht nur Grund- und Sekundarschulen sowie die Gymnasien geschlossen worden, sondern auch die Köthener Musikschule. „Uns trifft das genauso hart“, betont deren Leiter. „Wir haben uns sofort aufgestellt, als es hieß, die Schulen müssen schließen und überlegt, was wir tun können.“ Dass man die Medien nutzen würde, um in Kontakt zu bleiben und Übungsdateien, ältere Mitschnitte, Notenblätter zu übermitteln, steht fest; „aber es gibt nicht überall schnelles Internet“.
Über 600 Schüler lernen an der Köthener Musikschule ein Instrument
Seit über zehn Jahren leitet Hardelt die Musikschule, doch so etwas wie jetzt habe er sich nicht vorstellen können. Zumal das Ende dieser Ausnahmesituation augenblicklich nicht definiert ist. Im Moment sind Ferien. Danach bleiben die Schulen mindestens eine weitere Woche zu. Und dann? Rein organisatorisch sei der Aufwand unvorstellbar - nicht allein für ihn, für jeden hier. Er ist dankbar, dass ihn Lehrer unterstützen, dass sie ihm Botschaften schicken, wie man unter schwierigen Bedingungen miteinander üben kann. Vieles geht, wie sie seit Wochen beweisen.
Über 600 Schüler lernen an der Köthener Musikschule ein Instrument. „Alle zu bedienen, ist unmöglich“, weiß Hardelt, der Saxophon-Unterricht erteilt und sich darauf konzentriert, per Videokonferenzen Fortschritte zu erzielen. Das geht bei denen, die schon länger dabei sind, besser. Schwierig sei es hingegen, die Anfänger während der Corona-Krise bei Laune zu halten. Mit Luisa Wessely funktioniert der Probenalltag nahezu reibungslos.
Zumindest was die Häufigkeit der Kontakte und die Übertragungstechnik angeht. Sie ist 17 und spielt neben Saxophon noch Querflöte und Gitarre. Dass sie seit Wochen schon zu Hause für sich allein üben muss, das könne sie nicht ändern, aber sonderlich gefallen scheint es ihr nicht, erzählt sie in einem Videochat: „Ich bekomme zum Glück weiter Unterricht. Aber es fehlt jemand, der dabei steht und Hinweise gibt.“
„Dann gibt es noch den leistungsorientierten und den erlebnisorientierten Unterricht“
Als Andreas Hardelt das hört, lacht er und nimmt sich für den nächsten Probentermin vor, noch kritischer mit seiner Schülerin zu sein. Sie gehört zu denen, die an der Musikschule in Köthen eine Ausbildung in Vorbereitung auf ein Studium absolvieren. Sechs sind das insgesamt. „Dann gibt es noch den leistungsorientierten und den erlebnisorientierten Unterricht“, informiert er.
Es gibt die, die Einzelunterricht erhalten und die Ensemblemitglieder. Die einen wollen einfach nur aus Spaß an der Freude ein Instrument lernen. Die anderen bei Auftritten glänzen und sich vor Publikum beweisen. Ganz gleich, welche Motivation dahinter steckt - für Andreas Hardelt sind alle wichtig.
Hoffnung bleibt, dass bald etwas Normalität zurückkehrt
Er hat versucht, die vergangenen Wochen so gut es ging sinnvoll zu nutzen. Die Reinigungsfirma ist mehrfach dagewesen, um die Räume gründlich sauber zu machen. Die Firmen hätten das befürwortet, denn jetzt sei die Zeit da und die Schule leer. Auch für den Hausmeister gibt es einiges zu tun. An der Heizungsanlage muss etwas repariert werden. An den Klavierhockern auch. Die Alarm- und die Brandmeldeanlage kann - ohne die Proben zu stören - gewartet werden. Der Schlagzeuglehrer aus Halle ist auch vorbeigekommen, um die beiden, gerade gelieferten Instrumente aufzubauen. Das geht jetzt in aller Ruhe.
„Unheimlich viele Schüler vermissen das gemeinsame Üben.“ Umso wichtiger sei der regelmäßige Kontakt zwischen Lehrer und Musikschüler. „Ich bin Optimist“, erklärt Hardelt. Und deshalb hofft er auch, dass man bald die ersten Schritte zurück zur Normalität unternehmen kann. (mz)