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Thron unter der Leiter Thron unter der Leiter: Besondere Eheschließung für Kameraden der Akener Feuerwehr

Von Sylke Hermann 05.09.2019, 09:31
Sebastian Müller und seine Stefanie frisch verheiratet auf dem Thron unter der historischen Drehleiter der Feuerwehr Aken.
Sebastian Müller und seine Stefanie frisch verheiratet auf dem Thron unter der historischen Drehleiter der Feuerwehr Aken. Sylke Hermann

Aken - „Jetzt kommen sie!“ Das kleine Empfangskomitee vor dem Akener Rathaus hört die Hufe der Pferde auf dem Asphalt. Sekunden später zeigt sich die Kutsche mit Brautpaar an der Ecke Burgstraße. Sebastian Müller führt an diesem Samstag seine Stefanie zum Standesamt. Er ist Jugendwart der Freiwilligen Feuerwehr. Doch kein Kamerad weit und breit zu sehen. Außer Stadtwehrleiter Michael Kiel, der Trauzeuge ist.

Kaum ist die Hochzeitsgesellschaft im Rathaus verschwunden, kümmert sich Heinz Schneider um die passende Kulisse auf dem Marktplatz. Drei Fahrzeuge sollen später den passenden Rahmen für das offizielle Hochzeitsfoto bilden. In dessen Zentrum natürlich die frisch Vermählten – und das historische Drehleiterfahrzeug.

Sebastian Müller ahnt nichts davon. Er sieht auch nichts, als er mit seiner Frau aus dem Rathaus kommt und von seinen Kameraden in Empfang genommen wird. Es regnet Reis und Blüten. Er muss – einer schönen Tradition folgend – einen Schlauch mit etwas Geld befüllen, um sich den Weg freizukaufen.

Hürde ins Eheglück: Das Brautpaar muss gemeinsam ein Feuer löschen

Erst dann ist zu hören: „Lassen wir sie durch?“ Die zweite Hürde ins Eheglück: Sie muss ein Feuer löschen, während er fürs Wasser sorgt. Ob beide miteinander harmonieren, Hand in Hand arbeiten können, will man damit in Erfahrung bringen, erzählt Guido Schröder, der das Paar durch den kleinen Parcours leitet.

Noch immer ist der Blick auf den Marktplatz verstellt. „Sebastian hängt sehr an der alten Drehleiter“, weiß Guido Schröder, der selbst seit 25 Jahren bei der Feuerwehr ist und den Bräutigam schon aus dessen Jugendfeuerwehrzeiten kennt. Und wohl alle hier wissen, dass die bevorstehende Jungfernfahrt der frisch restaurierten Drehleiter für ihren Jugendwart ein emotionales Erlebnis werden wird.

Als die Braut, die in der Kindertagesstätte „Borstel“ als Erzieherin arbeitet, an der Seite ihres Mannes Richtung Marktplatz geht, wird die Überraschung sichtbar – und Sebastian Müller verschlägt es für einen Augenblick die Sprache. „Das ist der absolute Wahnsinn“, findet er und ist überwältigt. Er hatte keine Ahnung, was ihn erwarten würde.

Kameraden hatten dem Paar unter der Leiter einen Thron errichtet

Die Kameraden hatten dem Paar, das sich gerade im verflixten siebten Jahr befindet, unter der Leiter einen Thron errichtet. Eingeschlagen in weißen Tüchern. Jetzt muss die Braut in ihrem Kleid den Thron nur noch erklimmen können. Mit der Hilfe ihres Mannes, der zu seiner gewohnt frechen Art zurückgefunden hat, gelingt es. Hörbar und bestrebt, das Brautkleid bei dieser Kletteraktion nicht zu beschädigen, fragt er seine Angetraute, ob sie womöglich zugenommen habe.

Die Kameraden wenden sich ab, tun so, als hätten sie kein Wörtchen vernommen. „Gerade in der Ehe soll man immer ehrlich sein“, verkündet er schelmisch lächelnd. „Und Farbe bekennen.“ Die ist für Sebastian Müller rot. Rot wie die Feuerwehr.

Aber jetzt geht“s los. „Haltet euch fest“, rät Kiel, der den alten Drehleiterwagen samt Brautpaar und den beiden Kindern durch Aken steuert. Unüberhörbar. (mz)

Spalier der Kameraden vor dem Rathaus der Elbestadt.
Spalier der Kameraden vor dem Rathaus der Elbestadt.
Hermann