Stammzellen für Leukämiekranke Stammzellen für Leukämiekranke: Musiklehrer spendet aus Nächstenliebe

Köthen - „Man hilft, wo man kann.“ Mit diesen wenigen Worten begründet Manfred Apitz, warum er zwei Tage der zurückliegenden Winterferien für einen ihm völlig unbekannten Menschen opferte. Und an diesen beiden Tagen stundenlang auf einem Bett lag. Wer den quirligen Lehrer der Musikschule Köthen kennt, weiß, dass er nur ungern stillhält, lieber in Bewegung ist und den Geigenbogen führt.
Trotzdem hat der 53-jährige Köthener geduldig ausgeharrt, bis die Prozedur vorüber war. Manfred Apitz hat Stammzellen gespendet, um einem an Leukämie erkrankten Menschen zu helfen. Ob es ein Mann ist, eine Frau oder ein Kind - Apitz weiß nicht, wem er geholfen hat. „Ich kenne den Empfänger nicht, bei der Spende gilt erstmal der Grundsatz der Anonymität“, sagt er.
Manfred Apitz ist seit vielen Jahren Blutspender. Vor acht Jahren wurde er angesprochen, ob er sich nicht für eine Stammzellspende typisieren lassen wolle. Er wollte, ließ sein Blut untersuchen und wurde bei der Deutschen Stammzellspenderdatei gGmbH (DSD) aufgenommen, die ihren Hauptsitz in Dessau hat.
Blutstammzell- oder Knochenmarkspende
Alle 45 Minuten erkrankt in Deutschland ein Mensch an Leukämie, erklärt Grit Gröbel, DSD-Pressesprecherin. Wenn alle anderen Therapiemöglichkeiten wie Medikamente, Chemo oder Bestrahlung erschöpft seien, bleibe für den Betroffenen als letzte Chance auf Leben noch die Blutstammzell- oder Knochenmarkspende. Dafür müsse nach einem genetischen Zwilling des Patienten gesucht werden. Das erfolge über die Stammzellspenderdatei. „Wir sind jedem Menschen dankbar, der eine solche Spende leistet. Es ist eine großartige humanitäre Tat“, betont Grit Gröbel.
In Deutschland gibt es rund 6,5 Millionen registrierte potenzielle Stammzellspender, weltweit sind es 23,5 Millionen. Je mehr Menschen für eine Spende bereit sind, umso größer sind laut DSD-Sprecherin die Chancen, Leukämiepatienten zu helfen.
Information und Aufklärung spielen in der Arbeit der DSD eine große Rolle. Auch junge Menschen werden angesprochen. „Seit Oktober vorigen Jahres ist die Berufsschule Anhalt-Bitterfeld eine unserer Partnerschule“, informierte Grit Gröbel. Die DSD habe sich an an der Köthener BBS an einer Projektwoche beteiligt und in einem Workshop über die Wichtigkeit der Stammzellspende informiert.
Grundsätzlich kann sich jeder im Alter zwischen 18 und 40 Jahren bei der DSD als Stammzellspender kostenlos registrieren lassen. Spender in der Altersgruppe 40 bis 55 Jahre werden gebeten, die Typisierungskosten von 50 Euro als Spende zu übernehmen.
Viele weitere Informationen auf der Homepage www.deutsche-stammzellspenderdatei.de
Nach der Typisierung tat sich lange Zeit nichts. Im Dezember vorigen Jahres erhielt Manfred Apitz dann einen Brief und wurde aufgefordert, sein Blut noch mal untersuchen zu lassen. Einen Tag vor Heiligabend spendete er also beim DRK in Köthen wieder Blut und wurde im Januar darüber informiert, dass seine Stammzellenspende jetzt dringend benötigt werde.
Bei der DSD in Dessau ging die Aktion über die Bühne. Fünf Stunden lang wurde Apitz’ Blut gefiltert, daraus Stammzellen entnommen, das Blut seinem Körper wieder zugeführt. Die Ausbeute an Stammzellen am ersten Tag reichte nicht ganz. Der Köthener musste am nächsten Tag noch mal ran. Dass es möglicherweise nicht auf Anhieb reichen würde, hatte man ihm klar gemacht.
Es hat nicht wehgetan
Und dass es in der Phase der Spende auch kein Zurück mehr geben kann. „Wenn man diesen Weg begonnen hat, darf man keinen Rückzug mehr machen. Der andere, der Unbekannte, stirbt dann“, beschreibt Apitz den Ernst der Situation. Denn parallel zur Spende erfolgt die Vorbereitung des Patienten für die Stammzelltransplantation. Ab diesem Zeitpunkt kann der Patient ohne nachfolgende Übertragung der Stammzellen nicht überleben.
„Es hat nicht weiter wehgetan“, betont Manfred Apitz. Zwei Menschen aus seinem privaten Umfeld waren an Leukämie erkrankt. „Meine erste Jugendliebe ist daran gestorben. Das war noch zu DDR-Zeiten“, blickt Apitz zurück. Glück hingegen hatte der Mann seiner Cousine, er konnte geheilt werden. Nicht zuletzt hätten ihn Gespräche mit Tochter Thekla darin bestärkt, Stammzellen zu spenden. „Sie ist Ärztin und kennt sich mit der Materie aus“, sagt der Musiklehrer. Der noch ein zweites Motiv für seine Spendebereitschaft nennt: „Es ist christliche Nächstenliebe.“
Frühestens nach zwei Jahren, wenn beide Seiten es wollen, können sich Spender und Empfänger bei einer DSD-Veranstaltung kennenlernen, erklärt Grit Gröbel. Sie hat solche Treffen schon mehrfach miterlebt. „Das sind ganz emotionale, unvergessliche Augenblicke.“ (mz)