Entscheidung im Stadtrat Stadtrat Köthen: Neue Straße soll "An der Knochenmühle" heißen

Köthen - Christina Buchheim und Steffen Reisbach kann man nicht gerade als politische Zwillinge bezeichnen. Dazu sind die Linke und der Fraktionschef Der Bürgerinitiative/Freie Wähler im Köthener Stadtrat oft genug weit auseinander. Manchmal allerdings schafft es ausgerechnet die Stadtverwaltung, beide in der Sache zu vereinen.
Zum Beispiel, wenn es um die Benennung einer neuen Straße geht. Da waren sich die Rechtsanwältin und der Kraftsportler ganz schnell einig, dass die Straße, anders als von der Stadt vorgeschlagen, „An der Knochenmühle“ heißen sollte. Eben weil jeder halbwegs in Köthen verortete Bürger, der das dritte Lebensjahrzehnt passiert hat, das Terrain, auf dem die neuen Häuser gebaut werden sollen, nun mal als Knochenmühle kennt.
Und daran wird sich nichts ändern - denn das Antrags-Gespann Buchheim/Reisbach hat es am Dienstag im Stadtrat tatsächlich geschafft, eine Mehrheit hinter sich zu vereinen, die den Straßennamen „An der Knochenmühle“ allen anderen vorgeschlagenen Varianten vorzog.
Auch Bürger wünschten sich mehrfach die „Knochenmühle“ im Straßennamen
Zum Beispiel dem der Verwaltung. Die hatte, was aller Ehren wert ist, weil es sich um eine spezielle Marketing-Maßnahme handelt, angeregt, die Straße nach Carl Friedrich Abel zu benennen - ein Gambist und Komponist aus der Nach-Johann-Sebastian-Bach-Zeit, der in Köthen zur Welt kam und von hier aus zu musikalischem Weltruhm gelangte.
Mit Abel freilich hatte die Mehrheit der Stadträte nichts am Hut - zumindest nicht, was die Benennung einer Straße angeht. Nicht zuletzt deshalb, weil die Stadt zuvor ausdrücklich die Bürger aufgefordert hatte, selbst Vorschläge zu unterbreiten - und auch wenn zu guter Letzt doch eine ganze Reihe von Vorschlägen gemacht wurden: Carl Friedrich Abel war als Namenspate nicht dabei. Die „Knochenmühle“ hingegen war gleich mehrfach erwähnt.
Angst vor der abschreckenden Wirkung des Namens
Was in doppelter Hinsicht ärgerlich war. Zum einen ist der Verweis auf eine Knochenmühle nicht unbedingt imagefördernd, zum anderen war auch der Bauherr, in diesem Fall die WGK „not amused“ über Knochenmühlen-Variationen - man hatte Sorge, der Name würde bei einer Vermarktung eher abschreckend wirken.
Das alles perlte an 17 Stadträten ab, wie Wasser an einer Ente. Eine Anzahl, die ausreichte, um den Namen „An der Knochenmühle“ auf den Weg zu bringen. Die 16, die dagegen gestimmt hatten, mussten die Macht der Mathematik anerkennen und die zwei Stadträte, die sich enthalten hatten, ärgerten sich möglicherweise über die vertane Gelegenheit, Zünglein an der Waage spielen zu können.
Die CDU hat kein Glück mit Straßennamen
Nicht unerwähnt soll bleiben, dass die CDU einen zweiten Änderungsantrag vorgelegt hatte und der Straße den Namen „Robert-Propf-Weg“ verleihen wollte. Aber mit Namensvorschlägen hat die CDU in Köthen irgendwie kein Glück: Vor etwas mehr als drei Jahren hatte sie im Stadtrat vorgeschlagen, den Köthener Teil der neuen dreispurigen Straße, die südlich an Köthen vorbeiführt, „Willy-Brandt-Schnellweg“ zu verleihen.
Das fand so wenig Beifall, dass das Thema entscheidungslos von den Tagesordnungen verschwand und die Straße heute immer noch schmucklos B6 (laut Wikipedia) oder B6n (laut aktuellem Bundesverkehrswegeplan) heißt.
Wann die Straße tatsächlich das entsprechende Schild erhält und ob man ganz und gar eine „Namensgebungsfeier“ macht, ist unbekannt und ungewiss. Immerhin mag alle, denen der Name nicht gefällt, folgende Zusatzinformation trösten: Die MZ hat in Rostock in der Namensangelegenheit recherchiert und im Hotel „Warnow“ nachgefragt, ob es dort schon Gäste gegeben hat, die sich darüber lustig gemacht haben oder gar ärgerten, dass sie in einem Hotel nächtigen mussten, das unter der Adresse „Bei der Knochenmühle 1“ zu finden ist. Da hat man in Rostock aber herzlich gelacht. (mz)