Seit 2001 krankgeschrieben Seit 2001 krankgeschrieben: Warum Andreas K. um eine Erwerbsminderungsrente kämpfen muss

Köthen - Andreas K. (Name ist der Redaktion bekannt) kämpft seit Jahren gegen Windmühlen. So zumindest fühlt sich der 56-Jährige, der mit der Deutschen Rentenversicherung Mitteldeutschland um eine Erwerbsminderungsrente streitet und deshalb auch schon vor das Sozialgericht gezogen ist. Bisher ohne Erfolg.
Aus den Akten, die K. der MZ zur Verfügung stellte, geht hervor, dass der gelernte Forstfacharbeiter und spätere Kraftfahrer seit dem 3. September 2001 ununterbrochen krankgeschrieben und damit arbeitsunfähig ist. Das bestätigt auch ein Schreiben von seiner Krankenkasse, das dem Landessozialgericht Sachsen-Anhalt vorgelegt wurde. Am 31. März 2015 schrieb K.s Rechtsanwältin, die sich wegen des noch laufenden Verfahrens nicht zu dem Fall äußern will, an das Landessozialgericht Sachsen-Anhalt: „Gemäß Paragraf 58 Abs.1 SGB VI sind Zeiten, in denen Versicherte wegen Krankheit arbeitsunfähig gewesen sind oder Leistungen zur medizinischen Rehabilitation unter Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben erhalten haben, Anrechnungszeiten.“ Der Kläger habe auch die allgemeine Wartezeit bereits erfüllt.
Gutachten erstellt
Doch während K. und seine Anwältin davon ausgehen, dass „die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für eine Rente wegen Erwerbsminderung erfüllt sind“, sehen das die Rentenversicherung Mitteldeutschland und das Sozialgericht Dessaus-Roßlau anders. In seinem Urteil vom 17. Dezember 2013 hat der Gericht die Klage auf Gewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit abgewiesen. Berücksichtigt wurden dabei Befundberichte aller behandelnden Ärzte des Klägers, heißt es. Darüber hinaus habe ein Gutachter seine Diagnosen gestellt. Diese reichen von chronischen Schmerzen im Bewegungsapparat über anhaltende Schmerzstörungen bis hin zu Schädigungen der Bandscheibe und der Halswirbelsäule. In einer Dokumentation der behandelnden Ärzte sind zahlreiche weitere Krankheitsbilder aufgeführt. Krankheiten, davon ist K. überzeugt, die er sich bei seiner körperlich schweren Arbeit und infolge seiner langen Krankengeschichte zugezogen hat. Hinzu kamen mit den Jahren auch depressive Störungen, bedingt durch die aussichtslose, zermürbende Lage, in der sich der 56-Jährige befindet. „Ich habe seit 13 Jahren kein eigenes Einkommen mehr“, schildert K. Weil seine Frau so viel verdiente, dass ihm keine Hartz-IV-Leistungen zustehen. Nun wurde auch sie arbeitslos.
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Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichtes wies das Landessozialgericht in Halle am 30. Januar 2014 „als unbegründet“ zurück. Es gebe keine neuen Erkenntnisse. „Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ist der Kläger noch fähig, leichte, gelegentlich auch mittelschwere Tätigkeiten, überwiegend sitzend, mit der Möglichkeit eines gelegentlichen Haltungswechsels ohne einseitige körperliche Belastung und Zwangshaltungen (knien, hocken, bücken, heben, tragen oder bewegen von Lasten ohne mechanische Hilfsmittel, Gerüst- oder Leiterarbeiten), unter Vermeidung von Nässe, Kälte, Zugluft, mit geistig durchschnittlichen Anforderungen, nicht in Nachtschicht, ohne besonderen Zeitdruck und nicht in engen, abgeschlossenen Räumen, täglich sechs Stunden und mehr zu verrichten“, urteilte das Sozialgericht 2013 unter Berufung auf die entsprechenden Gutachten. Für K., der seit zehn Jahren zu 50 Prozent schwerbehindert ist, klingt das wie Hohn. „Wo bekomme ich denn unter diesen Umständen noch Arbeit?“, fragt er, ganz abgesehen davon, dass er sich nach wie vor nicht dazu in der Lage fühlt, mehr als drei Stunden täglich zu arbeiten. Immer wieder muss er sich in neurologische und orthopädische Behandlung begeben.
Fehlende Anrechnungszeiten?
„Seit meinem 18. Lebensjahr habe ich Probleme mit der Wirbelsäule“, sagt er. 2002 habe er erstmals versucht, eine Erwerbsunfähigkeitsrente zu beantragen, weil er nach einem Jahr den Krankengeldanspruch verlor und auf dem Arbeitsmarkt nicht vermittelbar war. Beim Arbeitsamt habe man ihm damals sinngemäß gesagt, dass man ihn nicht als arbeitssuchend führen könne, da er krankgeschrieben sei. Auch der Amtsarzt habe seinen Gesundheitszustand begutachtet. „Ich habe mich darauf verlassen, dass ich beim Amt nicht mehr vorstellig werden muss, bevor ich nicht gesund bin“, sagt der 56-Jährige. In den immer wieder auftretenden depressiven Phasen habe ihm dazu auch die Kraft gefehlt. Im Moment streitet K. mit der Rentenversicherung auch um fehlende Anrechnungszeiten. Er hätte sich weiter regelmäßig bei der Agentur für Arbeit melden müssen, heißt es.
Fälle wie die von Andreas K. sind keine Seltenheit, bestätigt Manfred Mörs, bei der Bundesgeschäftsstelle des Sozialverbandes VdK u.a. für Rentenpolitik zuständig. Seit der Reformierung des Rentenrechtes gebe es höhere Zugangsvoraussetzungen für die Beantragung einer Erwerbsminderungsrente. Daher bitten immer mehr Betroffene den VdK um Unterstützung. Fragen zur Rente seien ein Schwerpunkt in den Rechtsberatungen des Verbandes. Bei der Erwerbsminderungsrente sei es meist die Beurteilung der medizinischen Voraussetzungen (siehe Beitrag unten), die zum Streit vor dem Sozialgericht führt. Der VdK hat selbst schon Mitglieder erfolgreich vor Gericht vertreten, so eine Altenpflegerin mit massiven Wirbelsäulenschäden und einer chronischen Schmerzerkrankung, wie man in dessen Publikationen nachlesen kann.
Andreas K. will nicht aufgeben und weiter klagen „Ich weiß, dass es vielen so geht wie mir“, sagt er. (mz)