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Schalmeien erklingen seit einem halben Jahrhundert

Von Helmut Dawal 13.11.2007, 18:29

Görzig/MZ. - Das Jubiläum soll mit den Aktiven, ehemaligen Mitgliedern, Ehepartnern, Freunden und Sponsoren im Klubhaus begangen werden. Und es wird bei dieser Gelegenheit sicher auch Rückschau gehalten, wie alles einmal angefangen hat.

"Hier sind die ersten Jahre akribisch aufgeschrieben", zeigte Heiko Schmidt, Vereinsvorsitzender und Kapellen-Chef, auf ein unscheinbares Heft. Rudi Märtens, Karl Taubert, Heinrich Schmidt, Wilhelm Osten und Hugo Steppan, ist darin zu lesen, hoben die Schalmeienkapelle am 29. November 1957 aus der Taufe.

Von den Gründungsmitgliedern lebt nur noch Hugo Steppan. "Er wohnt in einem Pflegeheim in Köthen. Zu seinem 80. Geburtstag haben wir ihm natürlich ein Ständchen gespielt", berichtete Schmidt. Im Laufe der Jahre, schätzte er, haben rund 200 Leute im Orchester mitgemacht. Heute zählt die Truppe 23 Männer und Frauen, die ihrem Hobby mit Hingabe nachgehen.

Die Görziger Kapelle absolviert im Jahr um die 20 Auftritte - beim Rosenmontagsumzug, bei Osterfeuern, Dorf- und Sommerfesten oder Familienfeiern. Das Repertoire umfasst eine Vielzahl von Titeln, so dass sich für so ziemlich jeden Anlass das passende Lied finden lässt. "Polkas und Märsche sind für ein Orchester wie unseres, das viele Umzüge begleitet, Standard", bemerkte Volkmar Stoye, zweiter Vereinsvorsitzender. "Wir haben aber auch richtig moderne Titel drauf, ,Go West' beispielsweise oder ein Abba-Medley", fügte er hinzu. Das fällt den Musikern nicht einfach so in den Schoß, sondern setzt beständiges Üben voraus. Derzeit wird alle zwei Wochen freitags geprobt, in der Schule, wo die Schalmeienkapelle von der Gemeinde Görzig einen Raum zur Verfügung gestellt bekommen hat.

In seinen stärksten Jahren hatte das Orchester bis zu 40 Aktive. Auch an diversen Kapellen-Ausscheiden, die zu DDR-Zeiten vom Deutschen Turn- und Sportbund (DTSB) organisiert wurden, waren die Görziger dabei. Ein überdimensionales Bild aus dem Jahre 1990, das im Probenraum hängt, erinnert an den letzten Titel: Bezirksmeister des Bezirkes Halle. Von solchen Wettbewerben haben die Görziger aber Abstand genommen. "Das ist immer mit viel Aufwand verbunden. Wir machen jetzt nur noch das, was uns wirklich Spaß bereitet", sagte Volkmar Stoye. Was aber nicht heißt, dass Großveranstaltungen ausgelassen werden.

Eine solche war in diesem Jahr die Teilnahme an einem Weltrekordversuch. In Plodda trafen sich sage und schreibe 723 Schalmeienspieler aus ganz Deutschland, die Görziger mitten drin. "Wir haben gemeinsam drei Lieder gespielt. Anfangs ging es zwar mit der Akustik etwas durcheinander, dann aber hat es gut geklungen. So viele Schalmeien auf einmal, das war einfach irre", schilderte Heiko Schmidt.

Das Honorar, das für die Auftritte verlangt wird, wandert in einen großen Topf. "Was wir zusammen verdienen, geben wir auch zusammen aus", so der Vereinsvorsitzende. Das geschieht bei Grill- und Bowlingabenden oder bei gemeinsamen Ausflügen. Die Geselligkeit soll nicht zu kurz kommen. Freuen würde sich Heiko Schmidt, fänden sich noch einige Mitstreiter ein. "An Nachwuchs sind wir sehr interessiert. Es ist auch gar nicht so schwer, eine Schalmei zu spielen."

Zwei Neugierige haben sich schon mal eingefunden und scheinen Talent zu haben: die dreijährige Jolyn Röder und die vierjährige Sara Feistauer. Die Muttis der beiden Mädchen spielen in der Kapelle, und wenn geprobt wird, sind die Kinder mit dabei. "Sie machen mit Rassel und Schellenring den Rhythmus. Vielleicht greifen sie später auch zum Instrument", erzählte Anja Feistauer. Und Jolyn würde dann sogar in die Fußstapfen ihres Opas treten, denn Johannes Röder ist mit seinen 57 Jahren derzeit das älteste Mitglied der Görziger Schalmeienkapelle.