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Radegaster Schüler radeln für den «Führerschein»

Von WLADIMIR KLESCHTSCHOW 22.04.2010, 17:00

RADEGAST/MZ. - "Dieses Thema ist sehr wichtig, denn immer wieder hört man von Verkehrsunfällen, bei denen Kinder die Opfer sind", sagte Lehrerin Sarina Kroek. Sie ist an der Schule für die Verkehrserziehung zuständig.

Besonders hart war die Woche für die Viertklässler. Sie mussten gleich zwei Prüfungen für Radfahrer ablegen - eine mündliche und eine praktische. Die Viertklässler, die die Prüfung bestehen, erhalten dies schriftlich bestätigt und dürfen an den schulischen Rad-Ausflügen teilnehmen. Diejenigen, die durchfallen, nicht.

Die Prüfungen waren alles andere als eine Pro-Forma-Sache. Ähnlich wie bei einer Führerscheinprüfung in Theorie für Erwachsene mussten die Schüler die richtigen Antworten bei durchaus kniffligen Fragen, darunter zum Thema Vorfahrt, ankreuzen. Nur wer am Ende eine bestimmte Anzahl von Punkten hatte, bestand den Test.

Am Donnerstag fand die praktische Prüfung in den Straßen am Sportplatz statt. Lehrer und Eltern achteten an der Strecke darauf, ob die jungen Radler alles richtig machen: Änderung der Fahrtrichtung anzeigen, über die Schulter blicken, Vorfahrt beachten.

Dem strengen Blick von Polizeihauptmeister Hartmut Hennig entging kein Fehler. Über 30 Jahre ist der erfahrene Polizist bereits im Dienst, seit rund rund zehn Jahren widmet es sich der Verkehrserziehung. Besonders achtete er auf die Einhaltung der Vorfahrtregeln; denn gerade hier kann ein Fehler in der Praxis tragische Folgen haben.

Selbst fürs Absteigen am Straßenrand gibt es eine Regel, die simpel und logisch ist und doch selbst von erfahrenen Radfahrern nicht beachtet wird. "Vom Fahrrad steigt man nicht nach links, sondern nach rechts ab", so Hennig. "So bildet das Rad für uns ein natürliches Schutzschild." Sarina Kroek war bei der Prüfung übrigens nicht weniger streng, als der Polizeihauptmeister. "Ich habe kein Problem damit, wenn jemand durchfällt", sagte sie. "Es ist hart, aber besser, als wenn es später zu einem Unfall kommt. Die Schüler müssen begreifen, dass die Sache ernst ist."

Bei einer anschließenden Auswertung steht fest: Sechs Schüler sind durchgefallen. Sicherlich hat dabei auch die Aufregung eine Rolle gespielt. Doch Sarina Kroek ist der Meinung, dass manche Eltern die Verkehrserziehung ihrer Kinder nicht ernst genug nehmen. "Die Prüfungsstrecke war schon vorher bekannt gegeben", sagte sie. "Also konnte hier geübt werden. Offensichtlich haben nicht alle diese Möglichkeit genutzt."

Normalerweise hätten sich nun die Eltern der Sechs nach diesem Misserfolg selbst darum kümmern müssen, dass ihre Kinder die Radfahrprüfung wiederholen - zum Beispiel an einer anderen Schule. Doch es zeigte sich, dass Polizeihauptmeister Hennig trotz harter Schale ein weiches Herz hat. Nach einer Fehleranalyse teilte er die Sechs in zwei Gruppen, stieg selbst aufs Rad und absolvierte mit ihnen die Strecke, um die Prüfung zu wiederholen. Diesmal mit Erfolg.