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Premiere dank Hofrat Eberhard Premiere dank Hofrat Eberhard: Vor 250 Jahren erschien die erste Köthener Zeitung

Von Matthias Bartl 13.07.2019, 12:00
Ausschnitt eines Titelblatts aus dem Jahr 1770
Ausschnitt eines Titelblatts aus dem Jahr 1770 Repro: Ute Nicklisch

Köthen - Es gibt Jubiläen - sozusagen in eigener Sache - die man gar nicht auf der Rechnung hätte, würde man nicht von dritter Seite, in diesem Fall durch Zeitungsschau-Verfasser Christian Ratzel, darauf aufmerksam gemacht. Zum Beispiel auf den Umstand, dass es dieser Tage 250 Jahre her ist, als Köthen zum ersten Mal eine eigene Zeitung bekam.

Zwar noch keine Tageszeitung, daran war anno 1769 nicht zu denken, aber die „Cöthnische gemeinnützige Anzeigen und Nachrichten“ waren zumindest ein Wochenblatt, wenngleich der Umfang mit maximal acht Seiten auf halbem Reichsformat (165 x 195 Millimeter) eher bescheiden und der Lesespaß schnell vorüber war.

Erwähnt werden die „Cöthnischen gemeinnützigen Anzeigen und Nachrichten“, schon in Paul Zschackes Beiträgen zur Geschichte des Zeitungswesens in Anhalt, die im „Serimunt“ von 1927 in mehreren Fortsetzungen zu lesen waren. Zu Zschackes nun schon über 90 Jahre alter Fleiß- und Recherchearbeit ist insgesamt wenig Neues hinzuzufügen und zur ersten Köthener Zeitung gleich gar nicht.

Lokale Informationen abseits der Anzeigen waren eher spärlich vorhanden

Ihre Gründung geht zwar nicht - wie in der Köthener Zeitung von 1944 gemutmaßt wird - direkt auf fürstliche Anordnung zurück, aber Carl George Lebrecht, weiland Fürst von Anhalt-Köthen, stand dem Erscheinen des Blattes zumindest wohlwollend gegenüber. Daher ließ er am 20. Mai 1769 seinen Räten auch einen Erlass zukommen, in dem er ihnen das baldige Erscheinen eines Köthener Wochenblattes unter der Leitung des Zerbster Hofrates und Professors Johann Heinrich Eberhard ankündigte.

Von da an bis zur ersten Nummer verstrichen noch sechs Wochen, dann hatten die Köthener zum ersten Mal eine eigene Zeitung, produziert beim Buchdrucker Schöndorf, in der Hand. Was die Leser da bekamen, lässt sich einigermaßen abschätzen, weil einige Stücke des Blattes in Köthener Archiven noch vorhanden sind.

Daher weiß man, dass längst nicht alles, was in den Anzeigen und Nachrichten erschien, auch tatsächlich mit Köthen zu tun hatte - lokale Informationen abseits der Anzeigen waren eher spärlich vorhanden. Dafür liest man „Merkwürdigkeiten vom Herzoglich Akademischen Gymnasium zu Zerbst“ oder lange Ausführungen über historische Schlachtordnungen. Sehr intensiv befasst sich ein Autor (Namen der Verfasser werden grundsätzlich nicht genannt, maximal Abkürzungen oder Initialen sind zu finden) mit der Anhaltischen Geschichte und den Anhaltischen Geschichtsschreibern.

Das Lesen der Texte ist in der Regel leicht möglich

Und auch aus fernen Ländern erfährt man einiges, etwa eine Beschreibung des „Cocosbaumes“ oder über das Pflanzen von „Tartoffeln“, die man unschwer als Kartoffeln identifizieren kann.

Ohnehin ist das Lesen der Texte in der Regel leicht möglich, abgesehen davon, dass in viele eingesandte Beiträge (hinter denen man in der Regel studierte Leute vermuten darf) lateinische oder griechische Sentenzen eingeflossen sind. Und dass Brod heute Brot geschrieben wird und Endten Enten, Rocken Roggen und so weiter, findet man problemlos heraus.

Ist es auch heutzutage eher uninteressant, darüber zu lesen, ob man vor 250 Jahren jemanden zur „Übernehmung einer Gevatterschaft“ zwingen konnte, so sind oft die knappen Anzeigen lokal interessant. Da geht es etwa um die Verpachtung des „Ritterguths Besedau“ oder darum, dass Conrector Lüdicke sein Haus auf dem Walle verkauft, oder um die Neuverpachtung u.a. des „Fürstlichen Guths zu Klebzig“ und des „Vorwerg Bobbe samt zugehöriger Bierbrauerey“. Für den an lokaler Geschichte Interessierten bietet dies auch 250 Jahre später Anregung zum Nachforschen.

Gründer Hofrat Eberhard  stirbt jung in Jahren

An dieser Stelle soll noch etwas zum Hofrat Eberhard gesagt werden, dem Köthen seine erste Zeitung verdankt und der damit einen Platz in der Geschichte des Ortes einnimmt. Eberhard wurde am 5. November 1743 in Hanau geboren, studierte ab 1762 in Marburg die Rechte und wurde 1767 nach Zerbst berufen, wo er unter anderem als Bibliothekar am Gymnasium der damals größten anhaltischen Stadt fungierte.

Dass er in jungen Jahren bereits zum Hofrat ernannt wurde, zeigt, dass die Fähigkeiten Eberhards früh erkannt und geschätzt wurden - und die Liste seiner publizistischen Veröffentlichungen, nachzulesen in Schmidts Lexikon Anhaltischer Schriftsteller, ist bemerkenswert lang. An Nr. 8 findet man dort übrigens auch die „Cöthnischen gemeinnützigen Anzeigen und Nachrichten“.

Die übrigens lediglich 18 Monate lang Bestand hatten und dann „eingingen“. Was durchaus am Gesundheitszustand des Herausgebers gelegen haben kann - Johann Heinrich Eberhard starb am 28. August 1772, noch nicht einmal 29 Jahre alt. Seine Zeitung, bei Schmidt übrigens fälschlich und verkürzt „Köthensche wöchentliche Anzeigen und Nachrichten“ genannt, war bereits am 12. Januar 1771 letztmalig erschienen. (mz)

In der Regel bestanden die Texte in dem Blatt aus nüchterner Prosa. Aber nicht immer. Am 16. Dezember 1769 würdigte man ein weiteres Ereignis, das sich 2019 zum 250.

Mal jährt: die Geburt des späteren Fürsten August Christian Friedrich, die einen unbekannten Dichter namens N.G.St. zu folgenden Versen veranlasste: „Nur fort zum Dank/ Nur fort zum Preis!Auf, Cöthen, singe Freuden-Lieder!Auf deiner Ceder sproßt ein Reis/Des Höchsten Huld kommt zu uns nieder/Ein holder Erb-Prinz lacht dich an/ Die Freude kommt, der Kummer weichet/Der Hof das Land, der Unterthan/hat seiner Wünsche Ziel erreichet.“