Orgel wartet noch auf Rückkehr an alten Platz
GNETSCH/MZ. - "Das ist eine der Jugendstilkirchen in Deutschland, die am besten erhalten ist", sagt Pfarrerin Alexandra Großekappenberg. Auch derjenige, der sich mit derartigen Bauten nicht auskennt, ist heute angesichts des schmucken evangelischen Gotteshauses sofort bereit, der Pfarrerin zu glauben. Vor knapp 20 Jahren wäre dies vielleicht nicht unbedingt der Fall gewesen. Damals sah das Gebäude noch ruinös aus, nachdem es zu DDR-Zeiten sogar zugenagelt war. Dass die Kirche nun außen und vor allem im Innern so aussieht wie heute ist das Ergebnis langer Sanierungs- und Restaurierungsarbeiten, die jetzt im Wesentlichen abgeschlossen sind. Aus diesem Anlass fand hier zu Pfingsten ein Dank- und Festgottesdienst statt.
Zu feiern und auch zu danken hat die Kirchengemeinde allen Grund. Denn die Sanierung erwies sich - was sowohl Geld als auch Zeit betrifft - als ein aufwändiger Prozess. Das Dach, die Fenster, der gesamte Putz - noch 2004 wussten die Gnetscher überhaupt nicht, ob sie mit den Arbeiten an ihrer Kirche irgendwann fertig werden. "Insgesamt mehr als 200 000 Euro hat die Sanierung gekostet", teilt Alexandra Großekappenberg mit. "Natürlich war so viel Geld auf einmal nicht aufzutreiben. Also wurden die Arbeiten in mehreren Abschnitten absolviert."
Restauriert wurden die Bleiglasfenster. Selbst der kaputten Kirchenuhr wurde durch einsatzfreudige Gnetscher Bürger die Fähigkeit wieder gegeben, die Zeit anzuzeigen.
Zuletzt kam der Innenputz dran. Hier war ein besonderes Fingerspitzengefühl erforderlich, um die ursprüngliche Malerei zu erhalten und größtenteils wiederherzustellen. Die Farben sind dabei bewusst blass gehalten worden: Eine grelle Musterung würde nicht zum Stil des Hauses Haus passen. Bei den Finanzierung der Putz- und Malerarbeiten war ein Zuschuss des Landkreises in Höhe von 8 000 Euro sehr hilfreich.
An der gesamten Sanierung haben sich finanziell die Landeskirche, örtliche Unternehmen wie die APH Hinsdorf und die Firma Marmorit sowie die Gnetscher Bürger selbst mit Spenden beteiligt. "Die Gemeinde Weißandt-Gölzau hat uns ebenfalls besonders beim letzten großen Abschnitt sehr unterstützt, der im Rahmen des Konjunkturpakets II finanziert wurde", hebt die Pfarrerin hervor.
Hedwig Tornau freut sich darüber, dass die Dorfkirche endlich wieder ein würdiges Aussehen hat. Denn ihr ganzes Leben ist gewissermaßen mit dem Gotteshaus verbunden. Geboren 1930, wurde die Frau, die nur einige Dutzend Meter von der Kirche entfernt wohnt, hier getauft und konfirmiert. Lange Jahre gehörte sie dem Kirchenrat an, jetzt ist sie ein Ehrenmitglied desselben. Mit Schmerz in der Seele musste sie seinerzeit zusehen, wie das Gebäude verfiel, die Fenster beschädigt und die Kirche geschlossen wurde. Umso größer ist ihre Genugtuung heute, nach den Maßnahmen, die das Gotteshaus buchstäblich gerettet haben.
Die Sanierungs- und Restaurierungsarbeiten sind zwar offiziell abgeschlossen. Wirklich vollendet sind sie aber noch noch nicht. So müsste der Pfarrerin zufolge die Holz-Zwischenwand, die gleich hinter dem Eingang steht und mal als Barriere gegen die Winterkälte errichtet wurde, dem Gesamtstil des Hauses angepasst werden. Hier sei eine Lösung mit Glas und einer Falltür vorstellbar.
Auch die alte Orgel muss wieder an ihren Platz in der Kirche kommen. Sie war ausgebaut worden, als dem Gotteshaus der Verfall drohte, und wird immer noch in einem Privathaushalt gelagert. Die Reparatur des Instruments wird die nächste Aufgabe der Gemeinde sein. Wie viel das einschließlich Einbau kosten würde, ist noch nicht genau ermittelt worden. Zwar liegt der Kostenvoranschlag eines Fachfirma in Höhe von exakt 12 724,04 Euro vor. Allerdings stammt diese Schätzung aus dem Jahr 2002. Seitdem sind auch in dieser Branche die Kosten deutlich gestiegen.
Davon lassen sich die Gnetschetr nicht abschrecken. "Auch für die Reparatur der Orgel gibt es bereits Spenden von Bürgern", sagt Alexandra Großekappenberg. So habe zum Beispiel Gerhard Hildebrandt 500 Euro übergeben - ausdrücklich für die Instandsetzung der Orgel. Das Geld stammt aus dem Verkauf des Buches "Aus der Geschichte des anhaltischen Dorfes Gnetsch" von Hildebrandt und Otto Berger (Wolfen).
Auch die beiden großen Drei-Flügel-Fenster sollen nicht die letzte Lösung sein. Der Pfarrerin zufolge sind das nicht die Originalfenster. Diese wurden seinerzeit ausgebaut und lagern in einer Gläserei. Vielleicht kehren sie auch irgendwann in die Gnetscher Kirche zurück.