Obdachlosenheim zu teuer Obdachlosenheim zu teuer: Bekommt Karin Ritter eine eigene Wohnung in Köthen?

Köthen - Gleich auf der Premierensitzung des neuen Stadtrates hat Köthens Oberbürgermeister Bernd Hauschild eine halbe Niederlage erlitten - und eine ganz schwierige Aufgabe in die Verwaltungsagenda geschrieben bekommen. Hauschild hatte eine Vorlage eingebracht zur weiteren Bezahlung des Sicherheitsdienstes in der Obdachlosenunterkunft Augustenstraße 63, auch bekannt als Ritter-Burg. Vordringlich zum Schutz der Werte, die die Stadt in den zurückliegenden Monaten in dem Objekt durch Sanierung und Erweiterung geschaffen hat.
Die Summe allerdings, die der Sicherheitsdienst verschlingt, ist so exorbitant, dass eine Mehrheit im Stadtrat dabei nicht mitgehen wollte. Gefordert waren, für die nächsten drei Monate Mittel in Höhe von 96.000 Euro für den Sicherheitsdienst freizugeben und für weitere drei Monate noch einmal 79.000 Euro.
Stadtrat möchte nur die Hälfte des veranschlagten Mittel für den Sicherheitsdienst freigeben
Das Geld ist zwar schon im Haushalt eingestellt, aber mit einer Mittelsperre belegt und daher erst nutzbar, wenn der Stadtrat grünes Licht gibt. Und er hat allenfalls hellgrünes Licht gegeben. Denn nach einem Antrag der Linken, dem sich - bei vier Gegenstimmen - eine deutliche Mehrheit des Stadtrates anschloss, werden lediglich 48.000 Euro (also die Hälfte des Verlangten) für den Zeitraum bis zum 16. Oktober freigegeben. Außerdem wurde die Stadt verpflichtet, bis zur nächsten Stadtratssitzung ein Konzept darüber vorzulegen, wie man künftig die Obdachlosenunterbringung organisieren will.
Ein Problem, das sich in erster Linie um die Zukunft von Karin Ritter dreht, wie man der Diskussion entnehmen konnte. Denn offensichtlich ist bei nicht wenigen Stadträten inzwischen die Frage aufgetaucht, wie das momentane Prozedere in der Obdachlosenunterkunft funktionieren soll, wenn die schönen Sommertage vorbei sind und ein regnerischer Herbst und ein frostiger Winter ins Haus stehen. Ist es dann noch zumutbar, einen Bewohner des Objektes am Morgen vor die Tür zu setzen und erst wieder am späten Nachmittag aufzunehmen?
SPD hatte die Stadt dazu aufgefordert für Karin Ritter eine dauerhafte Wohnung zu finden
Die SPD hatte in einem eigenen Antrag mehr oder minder deutlich die Stadt dazu aufgefordert für Karin Ritter - aus Sicht der SPD „keine Obdachlose“ - eine dauerhafte Wohnung zu finden. Was Hauschild erst glatt ablehnte, weil die Stadt nicht in der Verantwortung ist, für Bewohner des Obdachlosenobjekts Wohnraum zu besorgen. Eine Position, von der der OB keine halbe Stunde später wieder zurückruderte und davon sprach, Frau Ritter bei der Wohnungssuche zu unterstützen.
Darüber hinaus will die Stadt laut Hauschild offenkundig versuchen, sich ihr für den Sicherheitsdienst eingesetztes Geld vom Landkreis zurückzuholen, einen mittleren sechsstelligen Jahresbetrag und zur Not auch per Klage. Immerhin: Nicht die Stadt, so betonte der OB mehrfach, sei für die soziale Seite des Problems zuständig, sondern der Landkreis. „Wir haben dabei lediglich ordnungsbehördliche Aufgaben zu erfüllen“, so Hauschild und beschied damit Wünsche nach einer sozialen Betreuung der Obdachlosen durch die Stadt abschlägig.
Die Obdachlosenunterkunft wird aktuell nur noch von drei Personen bewohnt
Die Widerborstigkeit des Stadtrates die vorgesehene Summe in den Sicherheitsdienst zu investieren, resultiert nicht zuletzt daraus, dass das Objekt derzeit nur von drei Personen bewohnt wird - u. a. von Karin Ritter, aber nicht von ihren beiden Söhnen. Woraus Christina Buchheim (Linke) ableitete, es sei dort nicht mehr das große Gewaltpotential vorhanden, das seinerzeit Grund dafür gab, überhaupt einen Sicherheitsdienst einzusetzen und das Hausregime zu ändern.
Jetzt reiche es vielleicht sogar aus, einfach eine Alarmanlage zu installieren. Ihr wurde widersprochen. Nicht zuletzt von der zuständigen Dezernentin: Erst am Tag der Sitzung habe der Sicherheitsdienst ein Beil vorbeigebracht, das einem Bewohner abgenommen wurde, der damit durchs Haus ging. (mz)