Nach 40 Jahren an Hochschule Anhalt Nach 40 Jahren an Hochschule Anhalt: Professor Wolfram Meusel geht in den Ruhestand

Köthen/Bernburg - Komplexe Themen einfach erklären kann Wolfram Meusel zweifellos. Dafür wird der Professor für Bioverfahrenstechnik der Hochschule Anhalt in Köthen so geschätzt - von seinen Studenten und Kollegen. Nach mehr als 40 Jahren wurde er jetzt verabschiedet.
Der Einrichtung den Rücken kehren? Einfach so? Das kann der 66-Jährige nicht. Und das will er auch nicht. Dafür liebt er Forschung und Lehre zu sehr. Im laufenden Semester hält der Professor noch zwei Vorlesungen.
Der Hochschule in Köthen ist Wolfram Meusel seit seiner eigenen Studentenzeit verbunden. 1970 begann er sein Studium der chemischen Verfahrenstechnik an der damaligen Ingenieurhochschule. Chemie hatte ihn schon als Schüler interessiert. Er besuchte eine Spezialklasse, machte dann eine Ausbildung zum Chemiefacharbeiter in Leuna.
1974 wurde Wolfram Meusel wissenschaftlicher Assistent
1974 hatte er sein Diplom in der Tasche und wurde wissenschaftlicher Assistent. Er führte Untersuchungen zu Gasflüssigkeitsreaktoren durch - untersuchte, wie Blasen sich darin verhalten. Das Thema seiner Promotion, die er 1980 verteidigte. Er wurde Oberassistent, 1989 habilitierte er. „Ich hatte mit meinen Forschungsthemen immer einen Bezug zur Biotechnologie.“ Seit Mitte der 1980er Jahre arbeitete er verstärkt auf diesem Gebiet.
1989 sollte der nächste Schritt seiner wissenschaftlichen Laufbahn folgen: Er sollte Dozent an der Technischen Hochschule in Köthen werden. Die politische Wende kam dazwischen - und mit ihr eine Wende in der Hochschullandschaft. „Alle Berufungen wurden gestoppt“, sagt Wolfram Meusel. Die Technische Hochschule wurde abgewickelt, eine Fachhochschule sollte entstehen. Er wurde Projektmanager für Industrieabwasserbehandlung bei einer Firma in Bitterfeld.
1996 wurde an der Hochschule eine Stelle für die Bioverfahrenstechnik ausgeschrieben
„Mein Wunsch war, wieder an eine Hochschule zurückzukehren.“ Er bewarb sich für acht Professuren. An keiner Hochschule klappte es. Dann bekam er die Chance, nach Köthen zurückzukehren. 1996 war hier eine Stelle für Bioverfahrenstechnik ausgeschrieben.
In den ersten zwei Jahren hatte er vor allem damit zu tun, seine Vorlesungen auszuarbeiten. Danach konnte er sich wieder stärker der Forschung widmen. Er forschte zu neuen Methoden, um Bioreaktoren noch besser berechnen und beherrschen zu können. „In Bioreaktoren haben wir keine tote chemische Reaktion, da sind kleine Lebewesen drin“, sagt er seinen Studenten immer. „Denkt daran, das sind kleine Individuen. Wenn ihnen die Bedingungen im Bioreaktor nicht passen, stellen sie auf stur.“
Orzessek: Er ist einer der erfolgreichsten Forscher an unserer Hochschule
Seine Begabung, komplizierte Sachverhalte mit einfachen Worten zu erklären, seine bodenständige und kollegiale Art machen den Professor so beliebt. Einen „der erfolgreichsten Forscher an unserer Hochschule“ nannte Dieter Orzessek, langjähriger Präsident der Hochschule Anhalt, seinen Weggefährten in seiner Rede zur Verabschiedung. Dass Wolfram Meusel sich nicht erneut zur Wahl zum Dekan stellte, bedauert Dieter Orzessek bis heute.
Von 2000 bis 2006 leitete Wolfram Meusel den Fachbereich, der heute Angewandte Biowissenschaften und Prozesstechnik heißt. „Kein einfacher Job“, blickt er zurück. Auch, weil in dieser Zeit der Bereich Pharmatechnik von Magdeburg nach Köthen kam. Ein Ringen.
„Ich wollte mich wieder mehr der Forschung und Lehre widmen“, begründet er seine Entscheidung gegen die erneute Kandidatur zum Dekan. In den letzten Jahren widmete sich der Professor verstärkt den Einwegbioreaktoren.
Neben Dieter Orzessek waren weitere Weggefährten bei der Verabschiedung dabei. Kommilitonen und Studenten, darunter ein junger Mann, der aus den USA angereist ist. Viele seiner Studenten sitzen heute in führenden Positionen in der Wirtschaft. „Das macht mich stolz“, sagt Wolfram Meusel.
Meusel will sich stärker dem Reisen widmen
Jetzt will sich der 66-Jährige, der in Bernburg lebt, stärker dem Reisen widmen. Viele Länder hat er schon gesehen, viele weitere will er noch sehen. Auch Fahrradtouren will er im Ruhestand machen. Und dann sind da ja auch noch seine sieben Enkel. (mz)
