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Mehr Luft für die gefiederten Wimex-Mitarbeiter

Von MATTHIAS BARTL 02.07.2010, 16:26

KÖTHEN/MZ. - Hühnereiweiß gerinnt, wenn man einschlägigen Koch-Hinweisen trauen darf, bei rund 60 Grad Celsius. Zwar ist das eine Temperatur, die man auch in diesem Sommer nicht erreichen wird, dennoch muss man in den Hühnerfarmen der Firma Wimex angesichts der momentanen Hitzewelle schon ein wenig genauer als üblich darauf achten, dass die gefiederten Bewohner der Farm in einer erträglichen Atmosphäre tätig werden können. "Wir können allerdings nur die gefühlte Temperatur heruntersetzen", sagt Stephan Klaasen-van Husen, Leiter der Elterntierproduktion bei Wimex. Das erfolge über die Erhöhung der Luftgeschwindigkeit: Die in die Farmen eingeblasene Luft wird nach dem Ventilatorprinzip auf zwei Meter pro Sekunde beschleunigt. "Das ist dann schon ein Luftzug wie beim Radfahren", sagt Klaasen-van Husen. "Eine schöne Brise."

Für die Wimex ist die Gesundheit der Hühner buchstäblich das wichtigste Unternehmens-Kapital. Deutschlands wichtigster Produzent von Bruteiern kann nur dann seinen vertraglichen Verpflichtungen nachkommen, wenn die Tiere in den Farmen topfit sind. Gesundheitsfragen sind Kernfragen der Produktion. Deswegen auch sind die Einrichtungen mehr oder minder komplett abgeschottet; wer Zutritt haben will, muss strenge Hygienebestimmungen beachten - von der Dusche bis dahin, dass die Bekleidung der Mitarbeiter in einer farmeigenen Waschmaschine gewaschen und im farmeigenen Trockner getrocknet wird.

Immerhin sind zwei der Farmen im Umfeld von Köthen mit so genannten Showrooms ausgestattet: Ein Fenster gibt den Blick frei ins Innere der Hühnerfarm. Das sei nicht nur für Wimex-Kunden gedacht, sagt Geschäftsführer Ulrich Wagner, auch für andere Interessenten. Und um zu zeigen, wie es in einer solchen Farm wirklich aussieht: "Die meisten denken doch, das wäre eine Quälerei für die Tiere", so Wagner. Hier könne man sehen, dass dem nicht so sei. Die Produktionsfarm am Rand des Köthener Flugplatzes, nahe der "Tante Ju", ist rund drei Jahre alt. In jeder der drei Stallabteilungen stehen 1000 Tiere in Bodenhaltung, neun Prozent davon sind Hähne, von deren Fleiß es in besonderem Maße abhängt, ob Wimex die geplante Zahl von Bruteiern an die Abnehmer liefern kann. "Pro Periode legt ein Huhn 150 Eier, das ist ungefähr die Hälfte dessen, was eine Legehenne produziert", rechnet Klaasen-van Husen vor. Die Erfolgsquote liegt bei ungefähr 88 Prozent - von 100 Hühnern erhält man 88 Eier, die Befruchtungsquote ist etwas niedriger. Nimmt man alle Wimex-Farmen zusammen, so werden dort pro Jahr erstaunliche 300 Millionen Bruteier produziert. Eier, aus denen Küken und später "Broiler" werden - damit aber hat die Wimex nichts zu tun, "wir sind Produzenten in der Vorstufe". Und darin die Nr. 1 in Deutschland.

Ohne die Vorstufe geht nichts in der Hühnerproduktion. Daher wird mit besonderer Sorgfalt auf das Wohlbefinden der Tiere geachtet. Auch die Fütterung ist entsprechend organisiert. Hähne zum Beispiel bekommen nicht so viel Kalzium wie die Hühner, die das Element als Grundstoff für die Eischalenbildung benötigen. Der Trick, wie man unter 1000 Tieren den 90 Hähnen genau das Futter zukommen lässt, das sie benötigen, ist einfach und genial: Die "Futternäpfe" sind so konstruiert, dass der Hahn mit seinem Kamm nicht an das Futter der Hühner herankommt. Der Futtermittel-Einsatz muss ständig auf Effektivität durchgerechnet werden: Immerhin machen die Futterkosten 50 bis 60 Prozent der Gesamtkosten der Bruteiproduktion aus. "Da kommt es darauf an, möglichst weit voraus zu planen, um günstig Soja oder Getreide einkaufen zu können", stellt Ulrich Wagner fest.

Nicht zuletzt gehört zum Wohlbefinden der Tiere eine legestimulierende Atmosphäre. Die hat man in der Farm geschaffen. "Wir simulieren Frühjahrsstimmung", sagt Klaasen-van Husen. Und damit das auch so bleibt, wird an besonders heißen Tagen für ein stärkeres Lüftchen im Hühnerstall gesorgt, das den Hochsommer wegbläst.