"Leuchtfeuer" in Köthen "Leuchtfeuer" in Köthen: Angebote für Menschen mit psychischen Erkrankungen

Köthen - Birgit Neuwirth macht sich keine Illusionen. „Natürlich ist die Hemmschwelle hoch. Riesig hoch sogar“, sagt die Direktorin der Alexianer Ambulanten Dienste Sachsen-Anhalt. „Aber dagegen wollen wir ja kämpfen.“
Die Rede ist von der Scheu vieler psychisch Kranker, ihre Isolation zu durchbrechen und sich Hilfe zu suchen. Seit dieser Woche gibt es für sie in Köthen eine neue Anlaufstelle. In der Leopoldstraße 64 hat das psychosoziale Zentrum „Leuchtfeuer“ der Alexianer Ambulanten Dienste eröffnet.
Standort-Koordinatorin ist Anne Timmerhans. „Wir sind schon seit 2014 auch in Köthen unterwegs, zunächst immer von unserem Zentrum in Bitterfeld aus“, erzählt sie. Aber jetzt habe man auch in Köthen eine eigene Basis.
Dazu gehören auch ambulant betreutes Wohnen und auch ambulante Gruppenmaßnahmen
Eine Basis, von der aus man den Betroffenen vielfältige Angebote machen kann. Dazu gehören ambulant betreutes Wohnen und auch ambulante Gruppenmaßnahmen. „Wir bieten Maßnahmen, die helfen, den Tag zu strukturieren“, so Anne Timmerhans - zum Beispiel Spielerunden und Kochgruppen. Dafür gibt es in einem der beiden neuen Gemeinschaftsräume extra eine Küche. Dazu sollen saisonale Angebote wie Oster- und Weihnachtsfeiern kommen. „Alles soll so alltagsnah wie möglich sein, damit die Klienten eine Tagesstruktur zurückbekommen.“
Die Klienten den Einrichtungen leiden an psychischen Erkrankungen wie Depressionen, Psychosen oder Schizophrenie. Oft gehen solche Erkrankungen mit Antriebsstörungen einher. Das heißt, dass die Betroffenen nicht in der Lage sind, alltägliche Aufgaben zu bewältigen. Zusätzlich leben viele völlig isoliert.
Im psychosozialen Zentrum können sie wieder Kontakte knüpfen und lernen, Alltägliches zu bewältigen. Dafür gibt es zum Beispiel einen Raum mit einer Waschmaschine.
„Was für andere normal ist, läuft für viele psychisch Kranke völlig aus der Bahn“
Klienten können dort darüber reden, wann es Zeit ist, seine Kleidung zu waschen, bei wie viel Grad und wo man das Waschmittel einfüllt. Man habe zum Beispiel auch schon mit einer Frau geübt, wie man einen Tisch abwischt, erzählen Neuwirth und Timmerhans - eine Übung, die beispielsweise den Hausmeister doch sehr verblüffte, als er sie mitbekam. „Aber was für andere normal ist, läuft für viele psychisch Kranke völlig aus der Bahn.“
Möglich sind die Angebote im Rahmen der so genannten Eingliederungshilfe, die beim Sozialamt beantragt werden muss. Anders sieht es bei der ambulanten psychiatrischen Pflege aus, die durch einen Arzt verordnet wird.
15 Klienten habe man aktuell, so Anne Timmerhans. Es sei aber damit zu rechnen, dass es bald wesentlich mehr werden - jetzt, wo man ein eigenes Köthener Domizil hat und nicht mehr vom psychosozialen Zentrum „Perlenfischer“ in Bitterfeld aus in Köthen tätig sei.
Den Namen „Leuchtfeuer“ für die Köthener Einrichtung durften die Klienten mitbestimmen
Eine geeignete Immobilie in der Bachstadt zu finden, sei indes gar nicht so einfach gewesen. Etwa zehn Objekte habe man sich angeschaut, ehe etwas Passendes dabei war. Die Räumlichkeiten seien auch nach den Wünschen der Alexianer Ambulanten Dienste umgestaltet worden, so dass man sehr zufrieden sei, sagte Neuwirth.
Den Namen „Leuchtfeuer“ für die Köthener Einrichtung durften die Klienten im Übrigen mitbestimmen. Und er reiht sich gut ein, heißen andere Alexianer-Häuser doch zum Beispiel „Seestern“ und „Leuchtturm“ - oder eben „Perlenfischer“ in Bitterfeld. Eigentlich hätten die Alexianer keine besondere maritime Bindung, doch bei der Benennung der Einrichtung bleibe man dieser kleinen Tradition nun treu, so Timmerhans.
Die Köthener Einrichtung soll außerdem nicht die jüngste Einrichtung ihrer Art bleiben. Eine weitere Eröffnung sei in Jessen geplant, berichtet Birgit Neuwirth. Der Bedarf dafür sei auf jeden Fall da. (mz)