Köthens Polizeileiter zieht Bilanz Köthens Polizeileiter zieht Bilanz: "Wir sind einsatzbereit stark handlungsfähig"

Köthen - Seit dem Sommer 2018 leitet Matthias Król, gebürtig aus Eisleben, kommissarisch das Anhalt-Bitterfelder Polizeirevier. Wie hat er die ersten Monate erlebt und wie schätzt der 40-Jährige die Kriminalität im Landkreis ein? Das Gespräch führte MZ-Redakteurin Doreen Hoyer.
Herr Król, Sie leiten seit etwa einem halbem Jahr das Polizeirevier Anhalt-Bitterfeld. Welche Lehren ziehen Sie aus Ihren ersten Monaten auf diesem Posten?
Król: Ich war von 2012 bis 2017 hier schon Leiter der Kriminalpolizei und hatte dadurch einen erleichterten Start, weil ich die Kollegen und Bereiche kenne. Ich bin also gern zurückgegangen, war ja zuvor in der Polizeidirektion Dessau tätig.
Eine tagtägliche Herausforderung ist die Größe des Bereichs mit den drei Standorten Köthen, Bitterfeld-Wolfen und Zerbst. Es ist mein Anspruch, Ansprechpartner in allen drei Bereichen zu sein, auch wenn Kontakt zu halten aufgrund der Distanz nicht immer einfach ist.
Die Säle der Polizeifachhochschule sind gut gefüllt
Haben Sie denn genug Personal für ein so großes Gebiet?
Król: Es ist viel Fläche, aber auch recht viel Personal. Wir sind etwa 250 Leute im Revier. Wir haben dennoch unter der allgemeinen Personalnot schon zu leiden. Das Problem ist ja bekannt, die Politik weiß das und die Säle in der Polizeifachhochschule in Aschersleben sind gut gefüllt.
Wir merken das auch an der Zahl der Praktikanten, die wir betreuen. Meine Befürchtung ist, dass wir als Polizei auf „zu wenig Personal“ und „zu hoher Altersschnitt“ reduziert werden. Das sind wir nicht, der Schnitt hier liegt übrigens bei schätzungsweise 44 Jahren. Wir sind einsatzbereit, stark, präsent, handlungsfähig.
Wie sieht ein typischer Arbeitstag für Sie aus?
Król: Ich bin gegen 6.15 oder 6.30 Uhr auf Arbeit. Dann beginnt die Information über die vergangene Nacht. Gegen 8 Uhr ist die Lagebesprechung mit allen Bereichsleitern. Dann ist es eine Frage des Terminkalenders. Häufig kommen unvorhergesehene Ereignisse.
Es gibt viele, viele Gespräche mit den Mitarbeitern und Entscheidungen, die es zu fällen gilt. So dass ich häufig nicht weiß, wie mein Tag aussieht, er aber doch bis zum Ende dicht gefüllt ist. Feierabend habe ich gegen 15.30 Uhr und hole dann meine Kinder von der Schule ab.
Landkreis ist laut Statistik ein sicherer Kreis
Wie schätzen Sie die Kriminalität in Anhalt-Bitterfeld ein?
Król: Wir haben keine Kriminalitätsschwerpunkte, die uns besondere Sorgen bereiten. Die meisten Einsätze gibt es in Bitterfeld-Wolfen, gefolgt von Köthen und Zerbst. Am häufigsten haben wir es mit Diebstahl zu tun.
Gelegenheit macht Diebe, das war schon immer so. Ansonsten gibt es häufig Betrugsfälle, auch durch die Zunahme des Internethandels. Allgemein kann man aber sagen: Der gesamte Landkreis ist ein sicherer Kreis. Gefühlt mag das manchmal anders sein, aber das sagt uns die Statistik.
Apropos sicher: Nach längerer Pause scheint vergangene Woche der Feuerteufel von Osternienburg wieder zugeschlagen zu haben. Die Polizei hatte im Januar eine verdächtige Person vernommen und wieder auf freien Fuß gesetzt. Das dürfte für viele Bürger unverständlich sein.
Król: Wir können immer nur soweit handeln, wie es der rechtliche Rahmen zulässt. Wenn in Absprache mit der Staatsanwaltschaft ein Ermittlungsweg festgelegt wurde, müssen wir den gehen.
Ich kann nachvollziehen, dass das nicht für jeden logisch erscheint, aber das Recht gibt in solchen Fällen nicht mehr her. Wir als Polizei sind immer bestrebt, unsere Möglichkeiten auszuschöpfen. Wir sind nicht diejenigen, die auf Maßnahmen verzichten.
Thema Drogen: Polizei kommt erst, wenn etwas passiert ist
Speziell in Köthen gibt es eine Familie, die die Polizei sehr in Anspruch zu nehmen scheint und für viele Einsätze verantwortlich ist - jüngst im Tierpark. Wie gehen Sie damit um?
Król: Ich gehe damit sehr entspannt um und möchte diesen Leuten nicht noch eine Bühne bieten. Sie beschäftigen uns, das ist wohl wahr. Da steckt kriminelle Energie dahinter; es fehlt wohl Unrechtsbewusstsein.
Wir nehmen das auf, bearbeiten das und es ist ein Erfolg für uns, wenn es für Haftstrafen reicht. Was ja regelmäßig passiert. Mich selbst ärgert, dass man Köthen durch diese Familie bundesweit kennt. Die Stadt ist viel mehr. Ich glaube, in jeder Stadt gibt es solche Menschen, nur sind sie nicht so bekannt.
Welche Rolle spielen Drogendelikte?
Król: Die beschäftigen uns natürlich auch. Bei Drogen geht es meist um Konsumentendelikte mit Cannabis und Crystal Meth. Wir als Polizei werden dann immer gefragt: Was tut ihr dagegen? Da muss ich sagen: Wir als Polizei kommen, wenn es zu spät ist.
Da gibt es Instanzen vor uns, die etwas gegen Drogen tun können. Wir kommen erst, wenn jemand sich schon entschieden hat, Drogen zu kaufen und zu konsumieren. Der Weg dahin wird von anderen begleitet, hauptsächlich den Eltern.
Polizisten werden seelsorgerisch betreut
Am Donnerstag gab es einen schweren Unfall bei Reinsdorf, bei dem drei Menschen starben. Auch Polizisten waren vor Ort. Wie gehen die Beamten mit solchen schrecklichen Erlebnissen um?
Król: Wir setzen uns zusammen und lassen die Ereignisse Revue passieren. Es ist wichtig, über die Eindrücke zu reden. Die Polizisten werden außerdem seelsorgerisch betreut, es gibt ein Kriseninterventionsteam. Ich halte es generell für wichtig, dass wir uns hier in der Dienststelle zusammenfinden und versuchen, gemeinsam so ein herausragendes Ereignis zu verarbeiten.
Gerade in solchen Momenten ist der Polizeidienst sicher schwer. Warum sind Sie eigentlich Polizist geworden?
Król: Wenn ich ehrlich bin, weiß ich das nicht mehr so genau. Ich weiß nur, dass ich mit dem Beruf so verwachsen bin, dass ich mir nichts anderes mehr vorstellen kann.
Was wünschen Sie sich für Ihre zukünftige Arbeit?
Król: Weniger Gemecker. Wir haben gute Rahmenbedingungen, gute Ausstattung. Wer in Köthen arbeitet, arbeitet an einem attraktiven Ort, das ist hier kein Großstadt-Brennpunkt.
(mz)