Köthen Köthen: Weiteres Jahr für die Martinskirche
KÖTHEN/MZ. - Thomas Kwast gehört zu den "alten Hasen" der Fördermaßnahme "Jobstart Plus" in der Köthener Martinskirche. Dabei arbeitet der 27-Jährige gerade mal anderthalb Jahre an der Sanierung und Umgestaltung des ehemaligen Gotteshauses zu einem "Jugend- und Eventcenter" mit. In der Regel sind die Teilnehmer aber nur maximal ein Jahr in einer solchen Maßnahme beschäftigt. Dass die Agentur für Arbeit für den jungen Mann eine Ausnahme macht, hat seinen Grund: Er darf den Führerschein ablegen. Einen Lehrgang dazu besucht er gerade. Das Fehlen einer Fahrerlaubnis nämlich wurde als Hindernis für die Vermittlung des Akeners in eine Festanstellung erkannt.
So hat Thomas Kwast hautnah miterlebt, wie in der ehemaligen Kirche ein Studentenklub entstand und ein internationales Klassenzimmer, wie das marode Kirchenschiff wieder neuen Glanz erhielt, wie historische Türen und Rollläden unter fachlicher Anleitung von den Langzeitarbeitslosen aufgearbeitet und wieder funktionstüchtig gemacht wurden.
Zwei Jahre war der junge Mann, der keinen Beruf erlernt hat, schon arbeitslos. Drei Tage habe er zu Beginn gebraucht, um sich an den neuen Tages- und Arbeitsrhythmus zu gewöhnen, erinnert er sich. Fugen ausklopfen war seine erste Aufgabe. Später lernte er, wie Gerüste aufgebaut werden. "Ich habe vor, Rüstungsbauer zu werden", lautet nach anderthalb Jahren bei "Jobstart Plus" sein Fazit.
Die beiden Köthener Thomas Behrmann (46) und Frank Ullmann (48) sind da weniger optimistisch als ihr jüngerer Kollege. "Es sieht schlecht aus", beschreibt Ullmann seine derzeitigen Chancen auf dem Arbeitsmarkt. Auch Thomas Behrmann, der vor seiner Arbeitslosigkeit als Leiharbeiter unter anderem auf dem Bau gearbeitet hat, zweifelt, ob er nach der Fördermaßnahme einen Job bekommen wird. "Aber man darf den Kampf nicht aufgeben", sagt er. Sein Einsatz in der Martinskirche, unter anderem bei Malerarbeiten, habe ihm auf jeden Fall "etwas gebracht". Und "man kümmert sich hier schon gut um uns", meint er.
Einer, der sich im Projekt Martinskirche kümmert und den Teilnehmern handwerkliche Fähigkeiten beibringt, ist Malermeister Gerhard Kroll von der Köthener BVIK gGmbH (Bilden, Vermitteln, Integrieren, Kommunale Dienstleistungen). Mit 14 hat er zum ersten Mal auf dem Bau gearbeitet und seitdem unzählige - auch historische - Gebäude auf Vordermann gebracht. In der Martinskirche brachte er mit seinen Ideen und Lösungsvorschlägen Architekt wie Denkmalpfleger gleichermaßen zum Staunen. Auf dieser Baustelle seien historische Teile "mit viel Kenntnis und Liebe" erhalten worden, "die wir sonst überall verlieren", sagte Ulrike Wendland vom Landesamt für Denkmalpflege am Montag bei einer Führung durch das Gebäude. Dabei sei es wichtig, solche Originalteile für die Nachwelt zu erhalten. Gerhard Kroll sei nicht nur Malermeister, sondern ein "Universalmeister", würdigte Gebietskonservator Holger Brülls dessen Fähigkeiten.
Kroll, der am Montag 61 Jahre alt wurde, erhielt in der Martinskirche wohl sein schönstes Geschenk: Staatssekretär Thomas Pleye vom Magdeburger Arbeits- und Wirtschaftsministerium informierte, dass das Förderprojekt um ein weiteres Jahr verlängert wurde. Nun kann die Außenfassade fertig verfugt werden, das Kirchenschiff einen neuen Fußboden bekommen, mehrere Räume hinter dem früheren Altar werden wieder nutzbar gemacht einschließlich einer Toilette. Insgeheim hofft Gerhard Kroll, dass auch noch Gelder für die Restaurierung der stark beschädigten Bleiglasfenster aufgetrieben werden.