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Köthen Köthen: Waschbär faucht im Park

Von Ute Hartling-Lieblang 03.08.2012, 17:33

Köthen/MZ. - Für Landwirte sind die Feldmäuse zur Zeit eine Plage. Naturschützer sehen die Kleinsäuger mit ganz anderen Augen. So ist das vermehrte Vorkommen der Feld-, Rötel- und Brandmaus für Andreas Rößler, Amtsleiter für Naturschutz, Forsten und Abfallwirtschaft in Anhalt-Bitterfeld, der auch leidenschaftlicher Ornithologe ist, fast so etwas wie ein Glücksfall.

"Die Turmfalken haben in diesem Jahr teilweise zum zweiten Mal gebrütet, das ist sehr selten", sagt Rößler. "Auch bei den Waldohreulen gibt es dieses Jahr reichlich Nachwuchs", das sei ein Indikator für reichliches Nahrungsangebot. Vor einiger Zeit wurde Rößler an die Bahnstation nach Weißandt-Gölzau gerufen, wo eine junge Waldohreule aus dem Nest gefallen war. Auch in Reinsdorf, Görzig, Bitterfeld-Wolfen und Zerbst gibt es in diesem Jahr Nachwuchs. Ebenso in Köthen, hier vor allem in der Nähe der Sanitätsschule Raimund Schulz oder der Kita "Spatzennest" in der Rüsternbreite. Zwischen Kleinwülknitz und Großpaschleben habe er kürzlich 30 bis 50 Kolkraben auf Mäusejagd in einem abgeernteten Getreidefeld beobachtet, erzählt der Ornithologe. "Seit langer Zeit mal wieder."

"Wenn Sie Graureiher gehäuft auf einem Feld beobachten, ist auch das ein sicherer Hinweis dafür, dass es dort jede Menge Mäusebaue gibt", erklärt der Naturschützer. Während das massenhafte Vorkommen von Störchen, wie man es dieser Tage auch auf zahlreichen abgeernteten Feldern beobachten kann, nicht immer etwas damit zu tun haben muss. Obwohl auch Adebar Mäuse auf seinem Speiseplan hat. "Es könnte sich aber auch um Junggesellen-Trupps handeln oder um Alttiere", die sich bereits im Frühsommer zum Rückflug sammeln, weiß der erfahrene Ornithologe. Schon im zweiten Jahr sind im Landkreis Anhalt-Bitterfeld wieder Wiesenweihen bei der Aufzucht von Jungen zu beobachten. Die Agrargesellschaft Leps mbH sei ein gutes Beispiel dafür, wie Naturschutz und Landwirtschaft Hand in Hand arbeiten, wenn es um den Artenschutz geht. In einem 26 Hektar großen Wintergersteschlag wurde der Brutplatz der seltenen Greifvögel durch einen Zaun abgesperrt, damit weder Erntefahrzeuge noch Raubsäuger das Nest gefährden können. Der Meinsdorfer Naturschutzhelfer Hartmut Kolbe, ein sehr renommierter Vogelkundler, hat die Brut entdeckt und sich für deren Schutz engagiert. "Aus einer Fünfer-Brut sind in diesem Jahr zwei Wiesenweihen geschlüpft", berichtet Rößler. Allein mit Verwaltungszwang wäre ein solcher Erfolg nicht möglich gewesen, ist der Amtsleiter überzeugt und freut sich über das Engagement von Landwirt Helmut Bergt in der Gemarkung Bias.

Nur etwa 40 Paare der Wiesenweihe brüten jährlich in Sachsen-Anhalt. Ihr Bestand wird in Deutschland auf etwas über 400 Paare geschätzt. Der Greifvogel ist auf der Roten Liste als "stark gefährdet" eingestuft.

Zunehmend sehe man auch wieder Sitzkrücken für Greifvögel, die Bauern auf ihren Äckern aufstellen, freut sich Rößler. Sie bieten den Vögeln eine gute Ausgangsposition für den Beuteflug.

Ob man tatsächlich von einer Mäuseplage in diesem Jahr sprechen kann, darauf möchte sich Andreas Rößler nicht festlegen und verweist auf eine diesbezügliche Untersuchung, die derzeit an der Hochschule Anhalt in Strenzfeld läuft (die MZ berichtet noch).

Zu Plagegeistern, nicht nur für die Landwirte, sind seit Jahren die Waschbären geworden. Davon können zum Beispiel Spaziergänger im Gröbziger Park ein Lied singen, die Rößler kürzlich anriefen. "Die Leute haben richtig Angst bekommen, als sie ein Waschbär angefaucht hat", erzählt Rößler. Zunächst habe er sich das nicht vorstellen können, sagt er, weil die Tiere doch dämmerungs- und nachtaktiv seien. "Es muss sich wohl um eine Betze gehandelt haben, die ihre Jungen verteidigen wollte", vermutet der Naturschützer.

Begegnungen mit Waschbären wurden auch aus dem Trinumer Park, dem Park in Großpaschleben, oder der Lindenallee zwischen Großpaschleben und Geuz gemeldet. Besonders schlimm soll es aber am Löbitzsee sein, wo die Tiere in den Zwischendecken alter Bungalows hausen. "Da helfen nur Kastenfallen", sagt Rößler.

Auch der Landesfortbetrieb ist an dem Problem dran. Wie die MZ auf Nachfrage beim Forstbetrieb Anhalt erfuhr, gibt es dort eine Prämie, wenn Jäger einen Waschbär zur Strecke bringen. Im Rahmen der Jagdnutzungsanweisung sei diese Prämie, die sonst für die aktive Bejagung von Schalenwild vergeben wird, im vergangenen Jahr auf den Abschuss von Waschbär, Mink und Marderhund erweitert worden, informiert Bereichsleiter Sven Kutzner. "Ich kann da aber nur für den Landswald sprechen". In der Region Aken / Lödderitz sind seit April 100 Waschbären erlegt worden.