Köthen Köthen: In die Zukunft entlassen
KÖTHEN/MZ. - Eine erfolgreiche "Exkursion auf die unbekannte Insel des Gymnasiums" konnten am Samstag 75 Abiturienten verbuchen. "Raubtiere der Gattung Lehrer", um beim Wortlaut der äußerst gelungenen Schülerrede zu bleiben, haben die jüngsten Absolventen des Köthener Ludwigsgymnasiums begleitet. "Ohne den Ernst der Lage zu verstehen, waren wir bis zuletzt ein chaotischer und unorganisierter Haufen", blickten Gina Pätzold und Lucas Glöckner zurück.
Mit Charme und einer Portion Selbstironie ließen sie die vergangenen zwölf Jahre Revue passieren. Den "Kampf um die Schatztruhe voller Punkte" haben "Faultiere" ebenso gemeistert wie "strebsame Ameisen" und "Freaks der Gattung Nerd".
Zu welchem Schülertyp die Abiturienten auch gehörten, im Johann-Sebastian-Bach-Saal des Veranstaltungszentrums nahmen sie am Samstag ihre Abschlusszeugnisse entgegen. Die beste Bilanz konnte Gina Pätzold ziehen. Ihr Durchschnitt von 1,2 war der Lohn für kontinuierliches Arbeiten. Doch nicht nur das. "Ich hatte Glück bei den Prüfungen", schätzte die 18-Jährige am Samstag ein. Mathematik und Physik hat die Abiturientin auf Leistungskursniveau absolviert, Deutsch und Französisch auf Grundkursniveau. Der Hang zu naturwissenschaftlichen Fächern liege in der Familie. Das erzählte Gina Pätzold im Hinblick auf ihre Großväter.
Wie es nach dem Abitur weitergehen soll, steht für die Absolventin des Ludwigsgymnasiums bereits fest. Die 18-Jährige möchte Psychologie studieren - am liebsten in Dresden. Einen kleinen Vorgeschmack auf die Fachrichtung hat Gina Pätzold bereits während ihrer Schulzeit bekommen. Ihre mündliche Prüfung legte sie in Psychologie ab. Viel lernen musste sie nach eigener Aussage vor den Abiturprüfungen nicht. Mit Übungsaufgaben hatte sich die Schülerin der Klasse 12 a vorbereitet.
Sehr gute Ergebnisse erzielten auch drei ihrer Mitschüler. Tabea Beyer, Anne-Sophie Wolters und Stefan Kaden absolvierten das Gymnasium mit einem Durchschnitt von 1,5. Die drei Absolventen werden völlig verschiedene Wege einschlagen. Für ein Freiwilliges Soziales Jahr hat sich Tabea Beyer entschieden. Anne-Sophie Wolters möchte sich mit einem Medizinstudium ihren großen Wunsch erfüllen. In Richtung Maschinenbau geht es für Stefan Kaden. Seine herausragenden Leistungen im Bereich Physik wurden mit einer Mitgliedschaft in der Deutschen Physikalischen Gesellschaft gewürdigt. Gina Pätzold bekam einen Buchpreis überreicht.
So stolz die Absolventen auch auf ihre erfolgreich absolvierte Schulzeit waren, nicht ganz unbegründete Zweifel dürften einigen durch den Kopf gegangen sein. Was ist das Abitur überhaupt wert? Können gymnasiale Bildungsrichtlinien mit der schnelllebigen Zeit überhaupt mithalten? Diese Gedanken machte sich auch Schulleiter Hans-Joachim Knebel. Er argumentierte, dass starres Denken nicht mehr zeitgemäß ist. Eine althergebrachte Schulform mit theoretischer Ausrichtung - wie die des Gymnasiums - könnte also überholt sein. "Die Lehrinhalte sind äußerst umfangreich und traditionell ausgerichtet", räumte Hans-Joachim Knebel ein. Schulische Rahmenrichtlinien stünden dem weltweiten Wissenswachstum gegenüber.
Doch dass die gymnasiale Ausbildung der gesellschaftlichen Schnelllebigkeit nicht gerecht werden kann, hält der Schulleiter für eine einseitige Betrachtung. Indem Lehrer ein "hohes Maß an anwendbarem Allgemeinwissen" vermitteln, würden sie Schülern die notwendigen Grundlagen für jedes beliebige Studium mit auf den Weg geben. Darüber hinaus stünden Methoden- und Lernkompetenzen sowie moralische Werte und Normen im Mittelpunkt der gymnasialen Ausbildung. "Mit Ihrem Abitur sind Sie gut auf die Anforderungen Ihres Lebens vorbereitet", fasste Hans-Joachim Knebel zusammen.
Anschließend lud der Chor zu einer musikalischen Reise durch die vergangenen zwölf Jahre ein. Die Theatergruppe wünschte neben "Glück, Gesundheit und Erfolg in der Zukunft" auch "schicke Traumvillen" und "Partys, von denen man am nächsten Tag noch alles weiß". Passend zum Motto des Abiturjahrgangs "Rabinson Crusoe"-Kombination aus dem Kurzwort "Abi" und dem Namen des Schiffbrüchigen aus Daniel Defoes Roman - spielte die Instrumentalgruppe ein Musikstück des Piratenfilms "Fluch der Karibik". Mit der Botschaft "I am what I am" entließ die Tanzgruppe die 75 Absolventen in ihre Zukunft. "Am Ende des Horizontes wartet nun eine neue Herausforderung auf uns", zeigte sich Gina Pätzold im Namen aller optimistisch.