Köthen Köthen: Hohes Wasser und Kraut in Löbnitz
LÖBNITZ/MZ. - Zum einen, weil die meisten der betroffenen Familien auf den Kosten für die Wiederherstellung des gewohnten Zustands ihrer Häuser und Höfe sitzen bleiben werden, weil ihnen eine Versicherung gegen Elementargewalten fehlt. Zum anderen und sogar mehr noch, weil Einwohner wie auch Ortschaftsrat der Überzeugung sind, dass es nicht so weit hätte kommen müssen, wäre das Grabensystem, das die Regenmengen nicht verkraftet hatte, zuvor besser in Ordnung gehalten worden.
Michael Unger spricht im Namen des Ortschaftsrates, wenn er sagt: "Außer zu krauten ist an den Gräben seit Jahren nichts gemacht worden - trotz mehrerer Hinweise." Und wenn gekrautet werde, fährt das Mitglied des Ortschaftsrates fort, dann werde das ganze Schilf und Gras nicht etwa abtransportiert und möglicherweise kompostiert, sondern es bleibe an der Grabenschräge liegen. Dann rutsche ein Teil von selbst und auch durch Regen in die Gräben und verstopfe schlussendlich die Rohre, die die Durchlässe unter den Straßen und Wegen bilden. Die Folgen habe man während der Überschwemmung der Löbnitzer Grundstücke nur allzu deutlich gesehen.
Dass Unger Recht haben dürfte, sieht man an der Ecke Dohndorfer Straße / Talstraße, wo der Hochwasserschwerpunkt gewesen ist (dort kommt das ganze Wasser von den Äckern und auch aus Wülknitz an) und wo anschließend Anwohner Norbert Siebert jede Menge Kraut und Schlamm mit Harke, Spitzhacke und Schaufel aus dem Rohr gezogen hat.
Das Zeug liegt jetzt quasi als Beweis vergangener Versäumnisse dort. An dieser Stelle strömt das Wasser jetzt wieder viel munterer durch das Rohr, um sich am nächsten Durchlass wieder aufzustauen. Kein Wunder: Den hat noch niemand gereinigt.
Aber dort - es führt nur ein Feldweg über den Graben - hätte seinerzeit die Chance bestanden, das Wasser schneller abfließen zu lassen: Wenn sich ein Verantwortlicher gefunden hätte, der mit einem Bagger das über der Röhre befindliche Erdreich hätte wegnehmen lassen.
Dann wäre die Feuerwehr nicht auch noch an dieser Stelle gezwungen gewesen, das Wasser über den Durchlass hinweg pumpen zu müssen. Und das Hochwasser hätte vermutlich schneller abfließen können.
"Wenn die Straßendurchlässe frei gewesen wären, wäre es garantiert nicht zu den Schäden gekommen, unter denen wir jetzt leiden", ist sich Michael Unger sicher. Unterstützt wird er in seiner Forderung, dass jetzt schnell etwas passieren müsse, um Röhren und Gräben, in denen teilweise Schilf und Gras meterhoch steht und sich an manchen Stellen kleine Sandbänke gebildet haben, freizubekommen, vom Löbnitzer Wehrleiter Frank Kersten. "Denn lange regnen kann es immer wieder." Und Unger ergänzt: Für ihn sei der damalige drei- bis viertägige Regen kein Unwetter gewesen, wie viele sagen. Sondern ganz normaler, langer Regen, den es immer wieder geben könne. Zumal unter den veränderten Klimabedingungen.
Unger appelliert auch an die Landwirtschaft: Teilweise komme es vor, dass bis an die Ränder der Gräben umgepflügt werde und dann ganze Erdschollen in die Gräben fallen. Auch das trage dazu bei, diese zuzusetzen, und sollte in Zukunft unterlassen werden. Des weiteren befänden sich zahlreiche schon große Bäume in einigen Gräben. Ein Nussbaum mit rund 20 Zentimetern Stammdurchmesser sogar mitten in einem. Die müssten letztlich auch weg. Denn an solchen Stellen könne maschinell nicht gekrautet werden. "Und mit der Hand macht so etwas doch keiner mehr", sagt Wehrleiter Kersten. "Die Gräben sind unsere Entwässerung, eine andere haben wir nicht", fasst Michael Unger die Dringlichkeit der geforderten Instandsetzung zusammen.
Den Ernst der Lage an den Löbnitzer Knackpunkten hat man inzwischen auch bei der Stadtverwaltung erkannt. Nach einem Vor-Ort-Termin mit Umweltamtsleiter Oliver Reinke sagte letzterer der MZ, dass er an den Geschäftsführer des Unterhaltungsverbandes Westliche Fuhne / Ziethe, der die Gräben 2. Ordnung bei Löbnitz bewirtschaftet, bereits eine E-Mail geschrieben habe. Ziel sei es, den in bestimmten Bereichen entstandenen Nachholbedarf bei den Gräben zu beseitigen.
"Ich denke, dass wir in diesem Punkt gut zusammenarbeiten können", so Reinke. Was die Durchlässe an den Straßen und Wegen betrifft, sagte er: "Manche denken, die seien zu klein dimensioniert. Aber bei einem derartigen Ereignis, wie dem damaligen Regen, ist jeder Durchlass zu klein. Wenn sie jedoch verstopft sind, dann müssen diese Verstopfungen natürlich beseitigt werden." Das liege in der Verantwortung der Stadt, und sie würden demnächst gespült. "Die Stadt kümmert sich."